Von Michael Erbach: Uferweg am Griebnitzsee kein öffentlicher Raum
Verwaltungsgericht Potsdam entschied, dass der frühere Grenzerweg nicht öffentlich gewidmet ist – zunächst ohne Konsequenzen
Stand:
Babelsberg - In dem seit Jahren heftig geführten Justizstreit um den Uferstreifen am Griebnitzsee hat die Potsdamer Stadtverwaltung vor Gericht erneut eine herbe Schlappe einstecken müssen. Die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam sah es gestern als erwiesen an, dass der frühere Kolonnenweg der DDR-Grenztruppen, der seit der Wende von Fußgängern und Radfahrern genutzt wird, nach dem brandenburgischen Straßengesetz nicht öffentlich gewidmet – und somit privat ist. Die Feststellungsklage war im Jahr 2004 von Anrainer Wolfhard Kirsch eingebracht worden. Konsequenzen für die Nutzer des Weges soll das Urteil nach Aussage von Kirsch zunächst nicht haben.
Der Vorsitzende Richter Martin Steiner beschäftigte sich in seinen Ausführungen ausführlich mit den Argumenten der Stadtverwaltung, die von Rechtsanwalt Uwe Graupeter vertreten wurde. Die Stadt hatte unter anderem damit argumentiert, dass es bereits 1990 einen Stadtverordnetenbeschluss gegeben habe, wonach der frühere DDR-Grenzstreifen samt Uferweg am Griebnitzsee ein Erholungsgebiet werden solle. Auch habe sich der Uferstreifen in Rechtsträgerschaft der Stadt und anderer öffentlicher Träger befunden. Dies spreche für eine öffentliche Widmung des Weges nach der Wende.
Steiner zog für sein Urteil das bis zur Vereinigung geltende DDR-Straßengesetz heran. Danach waren zwar all jene Straßen öffentlich, die der öffentlichen Nutzung unterlagen. Allerdings habe das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2004 entschieden, dass Voraussetzung für eine öffentliche Widmung die Willensbekundung nach außen zum Beispiel durch eine öffentliche Verkehrsfreigabe sein musste. Das sei im Fall des Uferwegs nie geschehen. Zudem habe die Stadt Potsdam zu keiner Zeit die Verfügungsberechtigung über den Uferweg gehabt. Zwar hatte das Amt für Nationale Verteidigung der DDR den Uferbereich nach der Wende an die Stadt übergeben – aber ohne Zustimmung des Eigentümers. Denn der Grenzstreifen sei zu DDR-Zeiten Eigentum des Verteidigungsministeriums und nach der Wende im Besitz der Bundesrepublik gewesen – bis zum Verkauf von Grundstücken an jetzige Eigentümer, darunter Wolfhard Kirsch.
Die Stadt Potsdam plant, im Bereich des Seeufers einen öffentlichen Park zu errichten. Ein entsprechender B-Plan ist bereits verabschiedet worden, wurde jedoch Ende 2008 noch einmal ausgelegt. Die Abwägung über Veränderungswünsche zum B-Plan ist noch nicht erfolgt.
Nach dem jetzt ergangenen Urteil kann die Stadt einen B-Plan derzeit nur über Enteignungen durchsetzen. Das Urteil zum Uferweg stärkt nach Auffassung des Anwalts von Kirsch, Christoph Partsch, erneut die Rechtsposition der Anlieger. Zumal sich die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts bereits im Sommer des vergangenen Jahres hinter Kirsch gestellt hatte. Damals wurde der Eilantrag von Kirsch, sein Grundstück sperren lassen zu können, zwar mit Blick auf das anstehende Hauptsacheverfahren abgewiesen. Der Richter hatte aber unmissverständlich erklärt, dass es für den Fall, dass Kirsch den Uferweg sperren würde, sehr wahrscheinlich keine juristische Handhabe mehr gäbe, dies rückgängig zu machen. Zugleich hatte Steiner mit Blick auf die Rechtslage im Fall Griebnitzsee die Stadt aufgefordert, mit den Eigentümern in Verhandlung zu treten, um eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen. Kirsch hatte erklärt, dass er das Urteil des Oberverwaltungsgerichts abwarten werde und nicht sperren lassen wolle.
Kirsch betonte gestern, dass es bei dieser Zusage bleibe. Zugleich zeigte er sich „weiter gesprächsbereit“. Er verwies auf den Vorschlag des BürgerBündnis, den Uferweg an eine Stiftung zu übertragen. Bedingung sei, dass der Weg nachts geschlossen bleibe und von der Stadt gesichert werde und es keinen Zutritt mehr für Radfahrer gibt. Er wolle sein Ufergrundstück privat nutzen. Die Stadt müsse endlich auf die Grundstücksbesitzer zugehen.
Rechtsanwalt Graupeter erklärte hingegen, dass er der Stadt sehr wahrscheinlich empfehlen werde, vor dem Oberverwaltungsgericht in Berufung zu gehen. Insgesamt sind noch mehrere Dutzend Klagen in Sachen Griebnitzsee anhängig.
Michael Erbach
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: