Landeshauptstadt: Uferweg: Holländer sieht Grundrecht verletzt
Griebnitzsee-Anrainer will in Straßburg Klage einreichen – er wirft Potsdam eine „versteckte Diktatur“ vor
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Babelsberg - Am Griebnitzsee herrsche jetzt Rechtsfrieden. Das verkündete die Potsdamer Stadtspitze, nachdem die Stadtverordneten vergangene Woche den Bebauungsplan für einen „öffentlichen Uferpark“ beschlossen hatten (PNN berichteten). Doch die Gegenwehr einiger See-Anrainer hat offenbar noch lange kein Ende: Er werde gegen den Uferweg und das Agieren der Stadt Potsdam vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ziehen, kündigte der Niederländer Hans Ensing gestern gegenüber den PNN an. Der Grund: Potsdam beschneide ein Grundrecht, indem die Stadt ohne Entschädigung privates Eigentum in Anspruch nehmen wolle. „Man kann mich nicht zwingen, mein Eigentum kostenlos herzugeben“, so Ensing. In der Landeshauptstadt herrsche eine „versteckte Diktatur“, sagte der Vorstandsvorsitzende des holländischen Immobilienunternehmens „Phanos“. Er stehe in Kontakt mit drei jüdische Familien mit Wohnsitz in den USA, denen ebenfalls Grundstücke am Griebnitzsee gehörten und die seine Ansicht teilten – sie planten, in den USA gegen den Uferweg zu klagen, so Ensing.
Der Unternehmer hat nach eigenen Angaben im Jahr 2004 die von Mies van der Rohe entworfene Villa direkt neben der so genannten „Stalin-Villa“ am Griebnitzsee von den ursprünglichen Eigentümern, der niederländischen Bankiersfamilie Mosler, erworben. Er habe das Anwesen für mehrere Millionen Euro saniert, jetzt lebe seine Familie dort, so der 36-Jährige. Dass über sein Grundstück der Uferweg – ehemaliger Kolonnenweg der DDR-Grenzer – verläuft, habe er beim Kauf gewusst, sagt Ensing. Doch sei ihm auch die rechtliche Situation bekannt gewesen: Danach sei noch immer unklar, ob der seit 1990 öffentlich genutzte Weg tatsächlich öffentlich ist.
Ensing beklagt jetzt vor allem, dass die Stadt ihn nicht um einen Kompromiss für den Uferweg gebeten, nicht mit ihm verhandelt habe. Gebe es einen demokratischen Beschluss für einen öffentlichen Weg und halte sich die Stadt an die Gesetze, sei dies legitim. Nach Ansicht von Ensing versucht Potsdam allerdings, „mit illegalen Mitteln privates Eigentum wegzunehmen, ohne dafür Entschädigung zu zahlen“.
Der Niederländer gehörte nach eigenen Angaben zu den See-Anrainern, die Mitte Oktober den Uferweg mit Flatterband und einem angeblichen Wachschutz abgesperrt hatten. Damit habe er darauf aufmerksam machen wollen, dass die Stadt mit „allen Tricks“ arbeite, um an den Uferweg zu kommen. Nach Schätzungen des EU-Gerichtshofs werde die Stadt den Griebnitzsee-Grundstückseigentümern aber insgesamt zwischen 20 und 30 Millionen Euro Entschädigungen zahlen müssen, sagte Ensing. Eingeplant habe die Stadt jedoch nur 200 000 Euro.
Potsdams Bürgermeister Burkhard Exner (SPD) hatte vor dem Stadtverordneten-Beschluss zum Uferweg die Verhandlungen mit den See-Anrainern für beendet erklärt. Es werde keine weiteren Zugeständnisse geben, so Exner – der Bebauungsplan sei der Kompromiss. Gleichzeitig betonte er, dass die Stadt keine Enteignungen wolle. Ihr reiche eine so genannte „Dienstbarkeit“, die im Grundbuch eingetragen wird und der Stadt das Wegerecht einräumt.
Der Bebauungsplan verschafft der Stadt laut Exner die rechtliche Handhabe, den öffentlichen Uferweg durchzusetzen. Er sieht vor, dass die Anrainer den Weg näher an den See rücken und damit ihre Grundstücke vergrößern können. Auch sollen sie historische Bootshäuser am Wasser wieder aufbauen können. Weil die Wassergrundstücke durch den öffentlichen Weg an Wert verlieren, muss die Stadt diesen Wertverlust offenbar ausgleichen – dies betrifft laut Verwaltung eventuell 11 000 Quadratmeter Privateigentum. Räumen Anrainer keine Dienstbarkeit für den Weg ein, müssten sie enteignet werden. In diesem Fall werde die Stadt die gesetzlich festgelegten Entschädigungen zahlen, hatte Exner versichert. Sabine Schicketanz
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