Landeshauptstadt: Um den neuen Landtag herum
Diskussion über Leitbild für die Potsdamer Mitte
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Wenn nach eine Diskussionsrunde über die Potsdamer Mitte selbst eine notorische Gegnerin des Landtagsneubaus wie Anita Tack einräumt, dass sie sich „vielleicht“ irgendwann von der ungeliebten Lösung überzeugen lassen könnte, dann müssen die Minuten zuvor erhellend gewesen sein. Am Mittwochabend schafften Sanierungsträger-Chef Erich Jesse und die Potsdamer Architektin Christina Emmerich-Focke dieses Kunststück – weil sie im Alten Rathaus versuchten, das Stadtbild nach dem Landtagsbau möglichst plastisch zu beschreiben.
Dabei gingen sie besonders auf das Umfeld des Neubaus ein und versuchten Vorwürfe zu entkräften, ein Landtag bringe keine Belebung der Innenstadt. „Wir haben dann Flächen am Havelufer, wo jetzt noch die “Blechbüchse“ steht, ebenso das Grundstück der dann abgerissenen Fachhochschule – dort muss eine kleinteilige Entwicklung stattfinden“, sagte Jesse. Dabei dürfe nicht der „Fehler“ der Wilhelm-Galerie als zu großem Gebäude wiederholt werden. In den kleineren Neubauten müsste dann Einzelhandel „ohne Einschränkungen“ möglich sein. Emmerich-Focke stimmt dem zu. Man brauche „schmale Straßen“ und „abwechslungsreiche Geschäfte“, die sich vom Hauptbahnhof über die Friedrich-Ebert-Straße bis zur Brandenburger Straße ziehen könnten. Jesse sprach sich dabei deutlich gegen Sortimentsbeschränkungen wie am Bahnhof aus – früher sei dies für den Schutz der Innenstadtläden sinnvoll gewesen, mit dem viel besuchten Karstadt-Kaufhaus inzwischen aber nicht mehr nötig.
Auch Ideen für die Mitte wie ein Zentrum aller Potsdamer Wissenschaftseinrichtungen oder ein Gedenkzentrum für die städtebaulichen Zerstörungen in Potsdam während der DDR-Zeit wurden angesprochen. Beiden Diskutanten plädierten angesichts der Vielzahl solcher Baustellen für eine offene Diskussion, die ein Nachdenken Potsdams über ein Leitbild seiner Stadtentwicklung fördern könne. „Mit dem Landtagsbau und der Gestaltung seines Umfelds muss sich diese Stadt entscheiden, ob sie eine pulsierende Metropole oder ein beschauliches Städtchen sein möchte“, sagte Emmerich-Focke. Jesse forderte „nicht immer nur zu sagen, was wir nicht haben wollen – wir wollen alles.“ Er spielte damit auch auf die Sorge an, mit dem Landtagsbau und der Schließung der Friedrich-Ebert-Straße drohe Potsdam ein dauerhaftes Verkehrschaos: „Wir werden schneller durch die Stadt kommen, weil es weniger Ampeln gibt.“
Auch in der Frage der äußeren Gestalt des Landtags herrscht bei den zwei Rednern Einigkeit. „Die Fassade wird an Knobelsdorff herankommen müssen, weil man nur mit vielen Details auch zum Gebäude und so zum Landtag hingezogen wird“, sagte Emmerich-Focke. Und Jesse stellte sich vor, wie so eine Fassade nachts angeleuchtet aussehen könnte, von einem der neuen Cafés aus Ob Anita Tack dieses Bild überzeugt hat? Henri Kramer
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