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Landeshauptstadt: Umjubelte Irina

Stefan Arndt im Glück: Die Tragikomödie „Irina Palm“ des X Verleihs ist Berlinale-Favorit

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Stefan Arndt klingt noch immer überwältigt. Dabei hat der Babelsberger Produzent schon viele Erfolge gefeiert. Mit Filmen, die längst neue deutsche Klassiker sind, wie „Good Bye, Lenin!“ und „Lola rennt“. Doch was Arndt am Dienstagabend im Berlinale-Palast erlebt hat, „so was gab“s noch nie“, sagt er. Premiere hatte „Irina Palm“, eine Tragikomödie über die vielleicht 60-jährige Witwe Maggie (Marianne Faithfull), die in einem Londoner Vorort lebt und dringend Geld braucht, damit ihr todkranker Enkelsohn behandelt werden kann. Sie landet in einem Sexclub in Soho, wo sie den Männern in einer Kabine mit Loch in der Wand im Akkord einen runterholt. Schon bald wird sie zur „besten rechten Hand Londons“ – Künstlername: Irina Palm. „Die Zuschauer haben durchgeklatscht, schon beim Abspann, und als die Künstler auf der Bühne waren, gab es noch mal zehn Minuten Standing Ovations“, schildert Arndt. Die Filmkritiker sind nicht weniger begeistert: Sie feiern „Irina Palm“ als den Film des Festivals, als Überraschungsfavoriten für den Goldenen Bären, und überbieten sich im Lob für die Darbietung von Marianne Faithfull.

So etwas sorgt für Jubel bei Stefan Arndt – denn er ist einer der drei Vorstände der Firma X Verleih mit Sitz in Berlin, die „Irina Palm“ später in die deutschen Kinos bringen wird. Als Chef des Verleihs – eine Tochter von „X Filme Creative Pool“, zusammen haben die Firmen 45 Mitarbeiter - kennt Arndt die Geschichte des Films schon länger. „Es war eine ganz normale Akquise: Einer der Produzenten, Karl Baumgartner, hat uns gefragt, ob wir Interesse haben.“ Daraufhin habe man beim X Verleih das Drehbuch gelesen, sei begeistert gewesen und habe zugesagt, noch bevor Marianne Faithfull überhaupt für die Rolle der Maggie im Gespräch war. Jetzt hat der Verleih einen Trumpf in der Hand, der sogar noch an Wert gewinnen könnte – wenn es am Samstag bei der Preisverleihung einen Bären für „Irina Palm“ gibt. „Das wäre wie ein Lottogewinn für diesen Film“, sagt Arndt. Weniger finanziell, aber durch die große Aufmerksamkeit des Publikums. Die soll noch gesteigert werden, bevor der Film kurz vor dem Sommer oder kurz danach in die Kinos kommt, am besten mit dem „Qualitätsmerkmal“ der Berlinale-Auszeichnung.

Die scheint für das zweite Werk, mit dem Stefan Arndt im Wettbewerb des Festivals vertreten ist, nicht ganz so wahrscheinlich - bei „Goodbye Bafana“ hat sich Arndt als geschäftsführender Gesellschafter von X Filme Creative Pool an der Finanzierung beteiligt. Die Kritik konnte sich für die Geschichte des Gefängniswärters von Nelson Mandela allerdings kaum erwärmen: Der Film mit Joseph Fiennes, Diane Kruger und Dennis Haysbert sei zu seicht, zu politisch korrekt. Den Zuschauern bei der Premiere habe „Goodbye Bafana“ allerdings gefallen, und auch die Kinobesitzer stünden „voll zu dem Film“, sagt Arndt. Schließlich erwarte das Publikum manchmal etwas anderes als der cineastisch geschulte Kritiker. „Goodbye Bafana“ zeige, wie sehr es um Menschlichkeit gehe, da gleiche sich der Film mit „Irina Palm“. Und das sei es auch, was der Kinobesucher suche: Einen menschlichen Filmhelden, mit dem er mitgehen kann.

Diese Helden in anspruchsvollen Drehbüchern zu finden, daraus deutsche Filme zu machen, die auch international ankommen, das war schon 1994 Stefan Arndts Ziel, als er gemeinsam mit den Regisseuren Wolfgang Becker, Dani Levy und Tom Tykwer die Unternehmung X Filme gründete. Vor sieben Jahren bei der Berlinale folgte dann die Gründung des X Verleihs. Mittlerweile hat der schon mehr als 50 Filme in die Kinos gebracht – „man könnte sagen, wir haben nun unseren Gesellenbrief bekommen“, so Arndt. Der X Verleih sei eine Marke geworden, „der die Leute trauen“, die für qualitätsvolle Filme stehe.

Das Publikum wähle mittlerweile „sehr viel bewusster aus, in welche Filme es geht und in welche Kinos, das sieht man auch beim Thalia-Kino“, so Arndt, der seit Jahren mit seiner Frau Manuela Stehr, ebenfalls Produzentin und Geschäftsführerin bei X Filme, ganz in der Nähe der Filmstudios in Babelsberg wohnt und zu den Gesellschaftern des Kinos gehört. Das Thalia hatte im vergangenen Jahr 157 700 Besucher, 27 Prozent mehr als 2005. Und es könnten 2007 noch mehr werden – mit der überwältigenden „Irina Palm“.

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