Landeshauptstadt: Und dann kam Tarantino
Menschenauflauf vor Studio Babelsberg: 2500 Bewerber beim Statisten-Casting für Tarantinos neuen Film
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Babelsberg - Menschenmassen sind ihr Geschäft. Aber einen solchen Ansturm hat Johanna Ragwitz noch nicht erlebt. Vor acht Jahren gründete sie die Komparsen-Agentur „Filmgesichter“ und hat seitdem Großprojekte wie „Das Wunder von Berlin“, „Die letzte Fahrt der Wilhelm Gustloff“ oder „Ninja Assassin“ mit Statisten versorgt. Der Rekord für einen Castingtermin lag bei 1500 Bewerbern in fünf Stunden, erzählt die 29-Jährige.
Und dann kam Tarantino: Fast einen Kilometer lang war die Schlange vor Studio Babelsberg, als Johanna Ragwitz dort am Samstag Gesichter für den neuen Film des Kultregisseurs („Kill Bill“, „Pulp Fiction“) suchte. In sieben Stunden registrierte sie mit ihrem Team mehr als 2500 Menschen für die Komparsen-Kartei.
Die August-Bebel-Straße – sonst praktisch menschenleer – glich am Vormittag der belebten Brandenburger Straße. Autofahrer bremsten mit ungläubigem Gesichtsausdruck ab, als sie die Warteschlange vor den Studios sahen. Bis zu zwei Stunden geduldeten sich die Bewerber, um eine Chance auf einen Auftritt bei „Inglorious Bastards“ zu bekommen - neben Hauptdarstellern wie Brad Pitt und Til Schweiger. Viele hatten sich ein Buch oder eine Zeitung zum Lesen mitgebracht. Es blieb ruhig. Kaum Arbeit für die Ordnungskräfte, die Johanna Ragwitz engagiert hatte. „Die Leute waren sehr gut drauf“, erzählt sie.
Bisher hätten sich vor allem junge Männer gemeldet: „Viele haben sich schon die Frisur für den Film gemacht“, berichtet Ragwitz. „Die Frisur für den Film“ ist ein zackiger Kurzhaarschnitt. Denn „Inglorious Bastards“, der ab Oktober unter anderem in Potsdam gedreht wird, spielt zur Zeit des zweiten Weltkriegs und handelt von einem Trupp US-amerikanischer Soldaten, die unorthodox gegen Nazis im besetzten Frankreich vorgehen.
Für den zweiten Casting-Termin am nächsten Samstag hofft Ragwitz nun auf ältere Bewerber. „Männer und Frauen ab 50“ hätten beste Chancen, beim Dreh dabei zu sein. Wie viele Menschen Tarantino insgesamt braucht, sei unklar: „Es werden mehrere Tausend“, so Ragwitz.
„Dabei sein ist alles“, erklärte Jürgen Gerstetter, der fast Tür an Tür mit den Studios wohnt, sich aber zum ersten Mal als Komparse bewarb. „Der Film ,Kill Bill“ hat mich sehr beeindruckt“, so der 41-jährige Landschaftsarchitekt. Die 18-jährige Lisa dagegen war aus der Nähe von Nauen angereist. Als eine der ersten füllte sie den Fragebogen „mit seltsamen Fragen“ aus und ließ sich für die Kartei fotografieren: „Die wollten wissen, welche Farbe mein Auto hat.“ Als Tarantino-Fan will sie nicht gelten: „Das ist ja nur Abgeknalle und Blut“, sagt sie über seine Filme: „Aber trotzdem Kult.“
Tarantino selbst war am Samstag offenbar nicht in Potsdam. Er soll den Görlitzer Oberbürgermeister besucht haben, wie „Radio Lausitz“ berichtete. Die sächsisch-polnische Grenzstadt könnte also wieder Drehort werden. Zuletzt hatte dort Kate Winslet für „Der Vorleser“ vor der Kamera gestanden. Jana Haase
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