zum Hauptinhalt
Auf dem Wohnzimmerteppich gelandet. Gregor Schlierenzauer feiert seinen Sieg am Bergisel.

© dpa

Sport: Und die anderen stehen im Regen

Mit seinem Sieg in Innsbruck führt Gregor Schlierenzauer die Vierschanzentournee an

Stand:

Nur schemenhaft ragte der Sprungturm der Bergiselschanze am Freitagnachmittag durch die tiefhängenden grauen Wolken über Innsbruck. Das Wetter präsentierte sich beim dritten Springen der Vierschanzentournee von seiner schlechtesten Seite und passte damit zu den bis zum Freitag mäßigen Leistungen der österreichischen Skispringer bei der aktuellen Vierschanzentournee. Doch einer wollte sich weder Wind und Wetter noch seinen skispringenden Landsleuten anpassen. „Es fing immer mehr an zu regnen“, sagte Gregor Schlierenzauer, „da habe ich mir gedacht, bleib bei dir, zieh dein Ding durch – und dahin geht’s.“

Zweimal ging es sehr, sehr weit dahin für Gregor Schlierenzauer auf jener Schanze, die der in der Nähe von Innsbruck lebende Österreicher als sein Wohnzimmer bezeichnet. Als er seinen zweiten Flug nach 123 Metern landete, dröhnte der mit 22 150 Zuschauern seit Wochen ausverkaufte Kessel des Bergiselstadions vor Jubel; einige österreichische Fans zündeten rote Bengalo-Freudenfeuer. Der 22 Jahre alte Österreicher hat nicht nur das dritte Springen der Vierschanzentournee vor dem Polen Kamil Stoch und dem Norweger Anders Bardal gewonnen. Gregor Schlierenzauer übernahm auch Rang eins in der Gesamtwertung, weil der Norweger Anders Jacobsen nach einem verpatzten zweiten Sprung nur auf Rang sieben landete. Der Vorjahressieger liegt vor dem abschließenden Springen in Bischofshofen am Sonntag bereits 10,7 Punkte vor dem Sieger von Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen. „Der Beste hat gewonnen“, gab Jacobsen zu.

Auch die deutschen Skispringer haben sich in den Wolken von Innsbruck bewährt. Severin Freund fand nach seinem enttäuschenden Abschneiden in Garmisch-Partenkirchen wieder den Anschluss an die Weltspitze. Nur ein Punkt trennte den viertplatzierten Deutschen in Innsbruck von Rang drei. Ähnlich sieht es nun im Gesamtklassement aus. Severin Freund liegt dort nur noch 1,2 Punkte hinter dem drittplatzierten Norweger Tom Hilde. „Severin Freund hat super gearbeitet“, freute sich der deutsche Bundestrainer Werner Schuster, „er ist genau rechtzeitig wieder in die Spur gekommen, um in Bischofshofen einen tollen Wettkampf zu machen.“

Auch die übrigen Deutschen überzeugten mit einer geschlossenen Teamleistung. Richard Freitag, Martin Schmitt und Michael Neumayer belegten die Ränge elf, zwölf und dreizehn. Andreas Wellinger kam auf Rang 21, ist aber im Gesamtklassement mit Rang sieben weiterhin zweitbester Deutscher. Vor allem der 34 Jahre alte Martin Schmitt rechtfertigt mit konstanten Leistungen seine Rückkehr in den Weltcup. Im Training von Innsbruck war er noch hinterher gesprungen, im Wettkampf aber tastete er sich wieder heran. „Auf den Sprung kann ich stolz sein“, sagte Schmitt nach dem ersten Durchgang, „es war viel mehr Energie drin.“

Die größte Energie aber steckte in den Flügen von Gregor Schlierenzauer. Bei seinem ersten Sprung segelte er mit 131,5 Metern auf die größte Weite des Nachmittags. „Verdammt geil“, jubelte er, „es ist mir gelungen, locker zu bleiben, ich habe die Absprungkante extrem geil erwischt.“ Im Auslauf jubelte er wie ein Fußballspieler, der soeben das Siegtor für seine Mannschaft erzielt hatte. Und womöglich hat dieser Sprung die Wende im Verlauf der Vierschanzentournee gebracht. Plötzlich hatte er mehr als zehn Punkte auf Anders Jacobsen aufgeholt. Der Norweger zeigte sich im zweiten Durchgang beeindruckt und fiel noch weiter zurück. „Der Kuchen ist noch nicht gegessen“, warnt Schlierenzauer. Doch die Vorteile auf dem Gesamtsieg liegen nun eindeutig auf seiner Seite. Nach seinem Erfolg kletterte er mit einem Regenschirm im Stadion zur Siegerehrung. Das passte zum diesjährigen Bergiselspringen: An diesem Nachmittag standen wirklich alle im Regen – nur Gregor Schlierenzauer nicht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })