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Im Stich gelassen. Bei den Abstimmungen zur Tourismusabgabe und zum Mercure ist Jakobs gescheitert – auch an der Zustimmung der eigenen Leute. Der 59-Jährige wollte den Parkeintritt für Sanssouci verhindern – jetzt wird er wohl doch kommen.

©  Andreas Klaer

Parkeintritt für Sanssouci: Und nun?

Jann Jakobs hat zwei wichtige Abstimmungen verloren, auch gegen die SPD-Fraktion. Die Parlamentarier sind unberechenbar – und der Oberbürgermeister stellt sich stur

Von Katharina Wiechers

Stand:

Er hätte stinksauer sein müssen an diesem schwarzen Tag. Doch als Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Mittwoch nach den zwei gescheiterten Abstimmungen im Stadtparlament, bei denen nun doch keine Finanzierungshilfe der Stadt zur Pflege des Schlossparks Sanssouci beschlossen wurde, in die Pause eilte, wirkte er eigentlich ganz vergnügt. Nicht nur wie einer, der als gebürtiger Ostfriese stoisch veranlagt ist, und den in diesem Stadtparlament schon lange nichts mehr erschüttern kann. Da war vielmehr Genugtuung spürbar: Er hat es ja geahnt, er hat Recht behalten.

Die Tourismusabgabe für alle Gewerbetreibenden, die den sonst fälligen Obolus für Sanssouci verhindern sollte, wollte Jakobs ursprünglich im Sommer beschließen. Die Mehrheit stand, eine außerhalb der Rathauskoalition aus SPD, CDU, FDP und Grünen, mit der er sonst regiert. Die Tourismusabgabe wollte Jakobs aber mit SPD und Linken durchbringen. Doch kurz vorher grätschte plötzlich der eigene SPD-Fraktionschef Mike Schubert dazwischen. Er erteilte Jakobs’ Tourismusabgabe eine Absage und präsentierte damals eine Alternative: die Bettensteuer.

Jakobs war verärgert, kritisierte den Vorstoß öffentlich und prophezeite das, was nun tatsächlich eingetreten ist: Dass die Zeit zu knapp würde, dass neue Widerstände zu erwarten seien. Genauso kam es. Die von Schubert organisierte Mehrheit fiel in sich zusammen, erst sprangen die Grünen ab, dann die CDU. Am Ende floppte Schuberts Bettensteuer ebenso wie Jakobs’ Tourismusabgabe. 2014 muss daher die Stadt Potsdam eine Million aus der eigenen Kasse an die Schlösserstiftung zahlen. Zahlt Potsdam danach nicht weiter, kommt der Parkeintritt.

Dieser Mini-Triumph nützt Jakobs herzlich wenig. Denn wird ab 2015 ein Parkeintritt eingeführt – und alles deutet derzeit daraufhin –, werden die Potsdamer Jakobs die Schuld dafür geben, nicht der Stadtpolitik. Einmal mehr stellt sich die Frage, wie weit Jakobs diese von zahllosen Streitthemen und politischen Grabenkämpfen geprägte Stadt überhaupt noch im Griff hat. Alles läuft aus dem Ruder, ein paar Monate vor der Kommunalwahl hat offenbar keiner mehr die Lage im Griff.

Denn nicht nur die Tourismusabgabe, auch noch ein weiteres Herzensprojekt flog Jakobs am Mittwoch um die Ohren: die Vorbereitungen für einen Abriss des Mercure-Hotels. Das Stadtparlament stimmte für einen Neubau der Weißen Flotte am Fuße des Hochhauses, ein moderner Bau vis-a-vis des gerade aufgebauten Landtagsschlosses, gegen eindringliche Warnungen vieler, zuletzt auch des Schlossarchitekten Peter Kulka. Und wieder war es SPD-Fraktionschef Mike Schubert, dessen Truppe nicht stand, der für den Neubau am Mercure stimmte, und damit die Pläne des Stadtoberhaupts torpedierte. Wieder kam der Schwenk kurz vor knapp.

Zwar kann man Jakobs dafür nicht alleine die Schuld geben, denn das Abstimmungsverhalten der Stadtverordneten ist teils wirklich alles andere als vorhersehbar. Dass die CDU nun so Knall auf Fall alle Absprachen missachtet, geht möglicherweise noch als Taktik durch: Die Kommunalwahl naht, möglicherweise hofft die Partei auf einen Erfolg dank Merkel-Bonus und will sich rechtzeitig von den Sozialdemokraten distanzieren. Doch manches Abstimmungsverhalten hat mit Taktik wenig zu tun, weil es schlicht unlogisch ist. So stimmte etwa CDU-Fraktionschef Horst Heinzel am Mittwoch sowohl für den Antrag der Linken, der den Flottenneubau am Fuß des Mercure vorsieht, als auch für einen Antrag der Stadt, der eben dies verhindern wollte und einen Neubau am Bahndamm vorsieht.

Doch auch Jakobs hat sich – zumindest beim Mercure – einige Patzer erlaubt. Den Plan, das Hotel-Hochhaus mit Steuermitteln zu kaufen und abreißen zu lassen, packte er nur halbherzig an. Die komplizierten Verhandlungen zwischen der Weissen Flotte und den Lustgarten-Architekten Dietz-Joppien über einen Alternativstandort am Bahndamm überließ er anderen – letztlich scheiterten sie an einem Streit um ein paar wenige Meter. Jakobs selbst hätte hier moderieren müssen, und mit den Plänen nicht an die Öffentlichkeit gehen dürfen, bevor die Verträge unterschrieben sind. Dann hätten ihn die Kooperationspartner womöglich auch nicht im Stich gelassen.

Ja, es ist eine schwierige Beziehung im Potsdamer Rathaus. Hier Jakobs, der Signale und Warnungen überhört, einsam regiert, und da ein völlig unberechenbares Stadtparlament. Jetzt wäre es Jakobs Aufgabe, nach Alternativen zu suchen, sich mit den Fraktionsspitzen zusammenzusetzen und eine konsensfähige Lösung zu erarbeiten und diese noch im Dezember – fünf vor Zwölf – im Parlament abstimmen zu lassen.

Stattdessen stellt er auf stur. Nach der Schlappe um Tourismusabgabe oder Bettensteuer stellte er sich auf den Fluren des Stadthauses den Fragen der Journalisten und zuckte mit den Schultern. Und er sagte den Satz, den er sich angesichts des sich abzeichnenden Debakels mit Sicherheit schon zurechtgelegt hatte: „All diejenigen, die heute weder für eine Tourismusabgabe noch für eine Übernachtungssteuer gestimmt haben, haben de facto für einen Parkeintritt gestimmt.“

Jetzt will Jakobs die Stadtverordneten bestrafen: Er verhängt zum 1. Januar 2014 eine Haushaltssperre, mit der unliebsame Kürzungen zum Beispiel bei Museen, Konzertveranstaltern oder dem Theater verbunden sind. Und im Dezember will er einen Antrag in die Stadtverordnetenversammlung einbringen, der ihn mit Verhandlungen mit der Stiftung beauftragt. Weil die Stiftung schon die Bereitschaft signalisiert hat, den Vertrag mit der Stadt aufzulösen, wird dies faktisch ein Antrag für den Parkeintritt sein. So wird die Zustimmung zum Parkeintritt, den Jakobs seit Jahren zu verhindern versucht, zum Lackmustest für seine Handlungsfähigkeit. (mit thm)

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