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Lebe lang und in Frieden. Den vulkanischen Gruß beherrschen Ronald (2.v.l.) und Michael (5.v.l.) von der Star-Trek-Tafelrunde aus dem FF. Jens, Tom und Mike (1., 3. und 4.v.l.) von der befreundeten Fangruppe Euderion aus Berlin widmen sich lieber inhaltlichen Diskussionen.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Unendliche Weiten

Sie wollen nicht als Spinner gesehen werden, sondern als Fans. Seit fünf Jahren trifft sich die Star-Trek-Tafelrunde

Stand:

Dass sie sich nah am Rande zum wandelnden Klischee bewegen, ist ihnen durchaus bewusst. Denn wenn sich die Mitglieder der Star-Trek-Fangruppen in ihren Uniformen in Schale werfen, begeben sie sich in eine andere Welt, in der um die Zahl 47 angeregte Diskussionen entstehen und von klingonischen Sprachinstituten die Rede ist. Eine Welt, in der jeder, der nicht mit Captain Kirk, Spock und Co. genauestens bekannt ist, sich wie ein Außenseiter vorkommt. Ein Gefühl, das die Fans andersherum nur zu gut kennen. „Wir sind irgendwie Nerds, aber wir sind es auch gerne“, meint Michael „Micha“ Schmidt, Gründungsmitglied der Star-Trek-Tafelrunde „Hermann Darnell“ aus Potsdam-Babelsberg. Das Wort Freaks gehe ihm zu sehr in Richtung Spinner. Und tatsächlich sind es weder Freaks noch Spinner, die beim Fest zum fünfjährigen Jubiläum der Tafelrunde am vergangenen Samstag zusammengekommen sind.

„Wo ist denn der Unterschied, wenn ich mich jedes Wochenende in einem Trikot ins Stadion setze?“, fragt Micha. Eine rhetorische Frage, die durchaus ernst gemeint ist. Denn die vielen Vorurteile, mit denen die „Trekkies“ zu kämpfen haben, gebe es gegenüber anderen Fangruppierungen nicht. Und das sind sie. Sie sind einfach Fans einer TV-Serie, die für sie mehr bedeutet als Science-Fiction. „In Star Trek stecken so viele Themen. Es geht um moralische Aspekte, genauso wie um Technik und gesellschaftliche Themen“, meint Ronald Koch, der zu der 2009 gegründeten Tafelrunde zwei Jahre später hinzustieß. Die positive Zukunftsutopie, in der es keine Probleme wie Rassismus, soziale Ungleichheit, Armut und Krieg gibt, mache die Faszination dieser Serie für den 27-Jährigen aus. Anfangs sei es ihm jedoch schwergefallen, seine Leidenschaft für Star Trek offen zu zeigen. „Ich habe das eher so für mich alleine gelebt“, erzählt Ronald. Erst mit der Tafelrunde und dem Bewusstsein, dass es durchaus noch mehr Fans gibt, mit denen er sich darüber austauschen kann, ist sein Selbstvertrauen, zum Star-Trek-Kult zu stehen, gewachsen. Insgesamt zwei- bis dreimal hat der Projektmanager die 726 Folgen der Serie und die diversen Kinofilme gesehen. „Ich sehe die Sendung heute auch ganz anders als früher. Ich bin mit der Serie gereift und entdecke immer neue Facetten“, so Ronald.

Ein paar Jahre und einige Sendungsdurchläufe mehr hat Micha Schmidt dann doch schon auf dem Kerbholz. „Bei mir ist es total phasenabhängig, worauf ich gerade Lust habe.“ Denn Star Trek sei auch nicht einfach Star Trek. In der 30 Staffeln umfassenden Serie, die in sechs sogenannte Generationen aufgeteilt ist, habe jeder so seine Lieblinge. „Ich für meinen Teil mag auch Deep Space Nine, aber da bin ich hier auch der einzige.“ Verstörte Blicke von einigen anderen Mitgliedern der Tafelrunde zeigen, wie recht er damit hat. An den Moment, in dem sein Interesse für Star Trek geweckt wurde, kann der 47-Jährige sich heute noch gut erinnern. „Ich saß im Kino und habe den ersten Star-Trek-Film gesehen und diese interessanten Charaktere haben mich sofort in ihren Bann gezogen. Ich war vom Fieber gepackt“, erzählt er. Das war 1986. Es folgten Videokassetten der Serie, später auch die DVDs und heute ist ein Zimmer seiner Wohnung eigens seiner kleinen Sammlung von Star-Trek-Merchandiseprodukten gewidmet. „Ich kann froh sein, dass meine Frau das mitmacht“, meint er lachend. Wie viel Geld er mittlerweile in seine Leidenschaft gesteckt hat, kann der Sozialarbeiter nur schwer einschätzen. Doch schon alleine die Uniformen lägen im dreistelligen Preissegment.

Micha investiert viel in seine Leidenschaft. Nicht nur Geld, sondern auch Zeit. „Man glaubt kaum, was in der Star-Trek-Szene in Berlin und Brandenburg so los ist.“ Um das auch dem breiten Publikum näherzubringen, haben sie in ihrem Internetblog die Reihe „Star Trek in Berlin und Brandenburg“ ins Leben gerufen. Um sich von den vielen Fangruppen aus dem gesamten Bundesgebiet, den sogenannten „Trekdinnern“, zu unterscheiden, wählten die vier Gründungsmitglieder 2009 ganz bewusst den Namen Star-Trek-Tafelrunde. „Wir sind eine Gemeinschaft um einen runden Tisch – wie die Ritter der Tafelrunde, die mehr verbindet als die gemeinsame Leidenschaft für eine Serie“, erklärt Micha. Der Altersunterschied von über 30 Jahren zeige zwar, dass eine Serie wie Star Trek über Generationengrenzen hinweg die Menschen verbindet, aber die Mitglieder der Tafelrunde seien heute viel mehr durch Freundschaft verbunden, die weit über die Serie hinausgeht. Bei den Treffen tragen sie auch nur in Ausnahmefällen, wie zum Anlass des fünfjährigen Jubiläums, ihre Uniformen. Ab und an trage er auch mal privat ein „nerdiges“ T-Shirt, aber das sei es dann auch schon gewesen. Dem Trekkie-Klischee wolle er dann schließlich doch nicht komplett entsprechen.

Chantal Willers

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