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Landeshauptstadt: Unerwartete Eintracht vor der Kamera

Berliner Fernsehteam suchte Konflikte in Groß Glienicke

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Berliner Fernsehteam suchte Konflikte in Groß Glienicke Von Winfried Gutzeit Groß Glienicke. In Groß Glienicke scheint nun doch alles in Ordnung zu sein: Am Dienstagabend war der RBB-Berlin mit seiner Fernsehsendung „Berlin Life“ extra einem Zeitungsartikel nachgegangen, um in seiner letzten Ausgabe an diesem Sendeplatz unter dem Thema „Vergiftete Nachbarschaft – Probleme zwischen Alteingesessenen und Zugezogenen“ den Zwist zwischen beiden Gruppen in Groß Glienicke zu ergründen. Kürzlich hatte eine Berliner Tageszeitung noch Mutmaßungen über das völlig gestörte Verhältnis zwischen diesen Einwohnergruppen angestellt. Von absichtlich durch Neubürger vergifteten Bäumen war da die Rede, in dieser Sache ermitteln die Potsdamer Behörden. Ebenso ist die Herkunft eines Hetzflugblatts „Die Juden machen sich am See breit“ ungeklärt, das ein Anwohner des verseuchten Uferstreifens als Anschuldigung, das Gift an die Bäume gekippt zu haben, eines Morgens unter dem Scheibenwischer fand. Beides ging durch die Presse, die PNN berichteten ausführlich. Doch so nachdrücklich, wie der Eröffnungsbeitrag auf eine Konfrontation abzielte, so weit wiesen die befragten Groß Glienicker die Frage nach der vergifteten Atmosphäre im Ort zurück. Und das ging durch alle politischen und unpolitischen Gruppierungen. Darüber konnte sich nach der Diskussion auch Wolfgang Hadlich vom Büro des Potsdamer Oberbürgermeisters nur freuen. „Ein Glück, dass die angeblichen Konflikte nicht real sind“, sagte er den PNN. Doch nicht nur der durch das Flugblatt betroffene Anwohner Norbert Mensch geht davon aus, dass diese Hetzschrift ihren Ursprung nicht im Ort hat. Auch Professor Bernhard Kroener (CDU) stellte fest: „Die Spuren des Flugblatts zeigen in eine ganz andere Richtung.“ Solche Tendenzen seien in Groß Glienicke unbekannt. Und: „Mein Nachbarschaftsverhältnis ist überhaupt nicht vergiftet“. Renate Toreck vom Groß-Glienicker Kreis lebt zwar erst seit drei Jahren im Ort, ist aber über den Zeitungsartikel irritiert. „Da wird doch wieder einmal aus einer Mücke ein Elefant gemacht.“ Sie habe auf Anhieb im Begegnungshaus viele Freunde gefunden, egal ob Neu- oder Altbürger. Uwe Langenhoff (SPD) sieht zwar verschiedene Meinungsrichtungen in der alten Gemeindevertretung, doch habe die Wahl des Ortsbeirates gezeigt, dass jetzt auch viele der Alt-Bürger mehr Fortschritte bei der Infrastruktur sehen wollen. Susan Kunze vom Kita-Spatzennest e.V. bedauert die Flugblatt-Querelen sehr und sieht den Ort überhaupt nicht gespalten. Ein Punkt stößt jedoch in Groß Glienicke genau wie in anderen Orten an der früheren Grenze zu West-Berlin auf: 85 Prozent der Parzellen im Ort waren so genannte Westgrundstücke, die nach der Wende von den Eigentümern zurück gefordert wurden. Das sieht Winfried Sträter vom Groß-Glienicker Forum als unseliges Kapitel an. Doch habe er den Eindruck, „die Geschichte mit den Rückübertragungen scheint so langsam überwunden zu sein“. Annemarie Otto lebt seit 51 Jahren im Dorf und hat davon 42 Jahre im Grenzgebiet gewohnt. Auch sie musste ihr Haus verlassen, hatte aber Verständnis dafür. Heute wohnt sie ganz zufrieden im Wohngebiet „An der Kirche“. „Ost und West im Ort hätten sich nach der Wende an einen Tisch setzen und voneinander lernen sollen“, bemängelt sie. Die Moderatoren Britta Elm und Ulli Zelle waren dann doch einigermaßen erstaunt über soviel Gemeinsamkeiten im Ort, wo sich doch laut dem voran gegangenen Zeitungsbeitrag viele Alt-Bürger „als Fremde im eigenen Dorf fühlen“ sollten. Auf jeden Fall ließe das für die geplante Länderfusion von Berlin und Brandenburg hoffen, meint Ulli Zelle.

Winfried Gutzeit

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