Landeshauptstadt: „Unheilige Allianz“
Bei einer Podiumsdiskussion der Friedrich-Naumann-Stiftung wurde kontrovers über Sport- und Kulturförderung in Potsdam debattiert
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Götz Friederich spricht von einer „unheiligen Allianz“: Der Anwalt, Marketingclub-Chef, Präsident der Potsdamer Sport-Union und Ex-CDU-Stadtverordnete meint das Verhältnis von Sport, Politik und kommunalen Unternehmen. In den vergangenen Jahren hätten sich die Sportvereine „nur allzu gern der Politik ausgeliefert“. Und die Parteien, vor allem die SPD, hätten den Sport als ihren „Vorhof“ begriffen. In der Stadtwerke-Affäre, in der es auch um intransparente Geldgeschäfte zwischen der Stadtwerke-Tochter Energie und Wasser Potsdam (EWP) und dem SV Babelsberg 03 ging, hätte die Verbindung schließlich zum Desaster geführt. Bekanntlich waren kurz nach dem Abgang von Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen, der auch den Aufsichtsrat von Babelsberg 03 führte, die Finanzen des Fußballdrittligisten derart aus dem Ruder gelaufen, dass die Stadtverordneten einen 700 000-Euro-Rettungsschirm spannten, um den Traditionsverein vor dem Absturz ins Bodenlose zu bewahren.
Über die Lehren aus der Affäre für die Sport-, aber auch die Kultur-Förderpolitik der Stadt wurde am Dienstagabend in den Räumen der Friedrich-Naumann-Stiftung in der Karl-Marx-Straße bei einer Podiumsdiskussion debattiert. Friederich, der als Gast gekommen war, erhielt dabei den einzigen Szenenapplaus des Abends – als er forderte, dass über die Förderung von Vereinen künftig nach sachlichen, nicht parteipolitischen Kriterien entschieden werden müsse.
Doch es hakt nicht nur bei der finanziellen Förderung. Darauf machte Lutz Boede von der Fraktion Die Andere aufmerksam, der sich für die Hobby-Fußballer von Concordia Nowawes engagiert. Es seien insgesamt zu wenige Sportstätten da – und offensichtlich gebe es ein „Erbrecht“ mancher Vereine bei den Nutzungszeiten. So hätten es kleinere Vereine schwer, auf den vorhandenen Plätzen zu trainieren, so Boede: „Manchen Jugendlichen wird damit quasi ihr Hobby verboten.“ Der von Concordia Nowawes angestoßene und im Stadthaushalt bereits eingeplante Ausbau einer Wiese am Babelsberger Park zu einem Sportplatz stoße indes auf „genehmigungsrechtliche Probleme“, konnte Sportdezernentin Iris Jana Magdowski (CDU) zunächst auch keine Verbesserung der Situation in Aussicht stellen.
Diskutiert wurde auch über den SV Babelsberg an sich. Dazu stellte Magdowski fest, dass „die fußballbegeisterten Männer in der Politik“ jahrelang gewusst hätten, dass der Verein für die dritte Liga unterfinanziert sei. Weitere Zuschüsse könne die öffentliche Hand auf Dauer aber nicht leisten, so Magdowski. Selbst einen Verkauf des Namens des Karl-Liebknecht-Stadions brachte sie ins Spiel, um die Finanznot des Vereins zu lindern – was viele Fans des Vereins heftig ablehnen.
Babelsberg-03-Geschäftsführer Klaus Brüggemann appellierte indes, dem Verein Zeit zu geben. Für das laufende Lizenzverfahren beim Deutschen Fußballbund sei man zu 95 Prozent sicher, keine Hilfen der Stadt zu benötigen. Zugleich verwies er darauf, dass der Verein auch für die Stadt wirke. Beispielsweise kämen pro Saison rund 1000 Sendeminuten mit Berichterstattung über den Verein zusammen. Dies sei ein Werbewert in Millionenhöhe, auch für Potsdam.
Den FDP-Fraktionschef Johannes von der Osten-Sacken überzeugte das nicht. Die Werbung für die Stadt sollte bei der Förderung nicht die größte Rolle spielen. Er plädierte dafür, mit öffentlichen Mitteln mehr in die Breite zu fördern – und die Spitze privaten Initiativen zu überlassen. Zugleich lobte der Liberale die Idee einer von Bürgern getragenen Stiftung, mit der Kultur und Sport gefördert werden soll.
Am Rande ging es auch um die Förderung der Kultur: So stellte Wilhelm Neufeldt vom Kunsthaus Potsdam e.V. fest, dass in Potsdam die zeitgenössische Kunst in Potsdam chronisch unterfinanziert sei. Magdowski solle kämpferischer gegenüber Kämmerer Burkhard Exner (SPD) auftreten, so Neufeldt. Magdowski konterte, viele Gelder seien etwa für den Umzug des Potsdam-Museums gebunden. Dazu habe Potsdam mit dem Lindenpark, dem Waschhaus und Freiland drei soziokulturelle Zentren – obwohl allein eine Einrichtung wie das Waschhaus für eine Stadt der Größenordnung Potsdams „ausreichend“ sei. Neufeldt wiederum erinnerte daran, dass es eigentlich bereits die kulturpolitischen Konzepte für Potsdam gebe, die etwa die Auslobung eines Kunstpreises und die Verbesserung der Ateliersituation vorsehen. Neufeldt: „Doch davon ist nur ein marginaler Teil umgesetzt.“
So blieb am Ende der Diskussion zugespitzt vor allem ein Eindruck haften: Für die Künstler gibt es zwar Konzepte, die aber nicht umgesetzt werden, weil Geld dafür schon anderweitig verplant ist. Dagegen beschließt die Politik beim Sport fortlaufend Maßnahmen, ohne dass es aber einen wirklichen Plan gibt, wohin das Ganze führen soll. Fortsetzung folgt.
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