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Sport: „Unsere Spielerinnen sind hungrig“

Potsdams Trainer Alberto Salomoni über seine Mannschaft, die nun beginnende Meisterschaft und Genussmenschen

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Alberto Salomoni (45) ist seit 2011 Cheftrainer des SC Potsdam. Er war jahrelang Assistenzcoach des deutschen Frauen-Nationalteams und Klubtrainer in Braunschweig, Leverkusen und Köpenick.

Herr Salomoni, Sie sind im Sommer aus dem Piemont, das für ausgezeichnete Speisen und Getränke bekannt ist, nach Potsdam gekommen. Sind Sie ein Genussmensch?

Ja. Wenn ein gutes Essen und ein guter Wein vor mir stehen, sage ich nicht nein. Wobei ich nicht aus dem Piemont stamme. Geboren wurde ich in Carpi. Das liegt etwas nördlich Modenas in der Region Emilia-Romagna, wo auch Ferrari beheimatete ist. In Ivrea bei Turin, das im Piemont liegt, lebe ich, seit ich 2008 nach zehn Jahren in Deutschland nach Italien zurückgekehrt bin.

Können Sie auch das Spiel des Frauen-Erstligisten SC Potsdam, den Sie seit August trainieren, genießen?

Natürlich. Wenn meine Mannschaft gut spielt, ist das ein Genuss für mich. Dann freue ich mich auch für meine Spielerinnen. Der Trainer wird meist an den Ergebnissen gemessen. Mein Ziel ist es aber vor allem, dass die Mannschaft gut spielt, dann kann sie auch entsprechende Resultate erreichen. Wenn sich eine Spielerin und eine Mannschaft unter meiner Regie weiterentwickeln und das am Netz zeigen, dann habe ich etwas erreicht. Dann freue ich mich wie über ein Glas guter Rotwein vor mir.

Was mögen Sie so am Volleyballsport, in dem Sie seit langem als Trainer tätig sind?

Den Reiz des Unvorhersehbaren. Im Volleyball weißt du oft bis zum letzten Ball nicht, ob du gewinnst oder verlierst – da gibt es immer eine Chance.

Am Samstag beginnt die neue Volleyball- Erstligasaison. Freuen Sie sich schon darauf?

Aber sicher. Nach zwei Monaten harter Arbeit freue ich mich, dass unsere Mädels damit beginnen können, die Früchte unseres harten Trainings zu ernten. Ob das gleich gelingt oder erst später, das werden wir sehen.

Geht Ihr SC-Team gut gerüstet ins Spieljahr?

Wir sind auf einem guten Weg, aber es fehlt noch einiges, um als wirklich ausgeglichenes Team aufzutreten. Vor allem das Quäntchen Erfahrung, um einige Situationen besser zu gestalten. Unsere Mannschaft muss viele Spiele spielen, um diese Erfahrung zu bekommen; das schafft man nicht in zwei Monaten Vorbereitung.

Potsdam startet am Samstag um 18.30 Uhr in der heimischen Sporthalle Heinrich- Mann-Allee gegen die Envacom Volleys Sinsheim in die Meisterschaft. Welche Chancen hat Ihr Team gegen den Tabellenelften der vergangenen Saison, gegen den es in der Vorbereitung ein Testspiel mit 1:2 verlor?

Bei diesem Testspiel wurde viel ausprobiert, ein Punktspiel ist etwas ganz anderes. Wir wollen natürlich ein gutes Ergebnis erreichen, und unser letztes Testspiel in der vergangenen Woche beim Köpenicker SC hat uns darin bestärkt, dass wir etwas erreichen können. Aber im ersten Spiel der Saison vor eigenem Publikum spielen auch die Nerven und Emotionen eine Rolle, und wir haben eine junge Mannschaft und keine alte Hasen am Netz. Sinsheim und Potsdam, denke ich, sind zwei Teams auf Augenhöhe, und wir haben dabei die Chance zu gewinnen.

Ihre Mannschaft hat zum Auftakt mit Sinsheim, dem VC Olympia Berlin, dem Schweriner SC, dem USC Münster und dem 1. VC Wiesbaden Mannschaften als Gegner, die – bis auf VCO – die vergangene Saison in der Tabelle vor ihr standen. Wie beurteilen Sie dieses Auftaktprogramm?

Das wird ein sehr schwerer Start, bei dem wir natürlich das Beste herausholen möchten. Primäres Ziel ist, dass wir es schaffen, uns auf dem Feld spielerisch zu steigern. Wenn wir gut spielen, sind wir für jeden Gegner eine schwierige Mannschaft.

Wie viele Punkte erwarten Sie aus den ersten Partien?

Wir müssen aus diesen ersten fünf Spielen mindestens vier Punkte holen, weil sonst das Wort Fehlstart im Raum stehen würde, was Unruhe mit sich bringen könnte. Die Mannschaft muss Ruhe bewahren, denn die Saison ist lang und wird hart.

Zumal wegen des World-Cups der Frauen in Japan, bei dem die ersten Olympia-Tickets für London 2012 vergeben werden, Potsdams für den November geplante Spiele gegen Rote Raben Vilsiburg, Smart Allianz Stuttgart und den VfB Suhl verlegt werden. Wie sehen Sie das?

Die Saison wird dadurch noch härter, denn der Spielkalender wird noch enger. Wir werden die Pause nutzen, um an Defiziten zu arbeiten, falls welche in den Spielen davor auftreten. Ob die drei Wochen ohne Punktspiel uns helfen oder schaden werden, muss man abwarten.

Der SC Potsdam strebt in dieser Saison einen Platz unter den Top 8 an, um sich erstmals für die Play-offs zu den Deutschen Meisterschaften zu qualifizieren. Ist das ein realistisches Ziel?

Es ist jetzt noch zu früh, das mit ja oder nein zu beantworten. Platz acht ist ein Wunsch. Ob der in Erfüllung geht, müssen wir sehen. Ich denke, unser Vorhaben ist realistisch, wenn wir gute Spiele abliefern und dafür auch mit Punkten belohnt werden. Uns erwartet eine sehr schwierige Meisterschaft. Viele Mannschaften haben sich verstärkt und wollen unter die Top 8. Warten wir ab.

Der SC Potsdam geht mit elf Spielerinnen in die Saison. Ist der Kader groß genug?

Man wünscht sich immer etwas mehr, aber das ist kein Problem. Wir haben einen sehr jungen, motivierten Kader, der mir sehr gefällt. Unsere Spielerinnen haben mir bis jetzt gezeigt, dass sie hungrig sind. Das ist sehr gut, denn wenn die Motivation stimmt und der Erfolgshunger da ist, kann man sich viel erarbeiten.

Ihre Mannschaftskapitänin Patricia Grohmann kämpft außerdem um die Rückkehr in die Nationalmannschaft, der sie in der vergangenen Saison bereits in einigen Länderspielen angehörte. Wie sehen Sie ihre Chancen, eventuell schon beim World-Cup in Japan dabei zu sein?

Patricia ist eine der besten Annahmespielerinnen Außen im deutschen Volleyball, die auch hart daran arbeitet, im konditionellen Bereich Bestwerte zu erreichen. Ich wünsche ihr sehr, dass sie so schnell wie möglich den Sprung zurück in die Nationalmannschaft schafft, aber es wird schwer. Ihre Zeit dürfte vor allem nach Olympia kommen. Nach der jetzt bei der Europameisterschaft erkämpften Silbermedaille wird Bundestrainer Giovanni Guidetti für Japan und dann in London sicher vor allem auf erfahrene langjährige Nationalspielerinnen setzen. Vielleicht aber erhält Patti ja überraschenderweise doch eine Chance. Ich würde mich sehr freuen.

Mit der Tschechin Nikol Sajdova, der Kroatin Simona Usic und der Argentinierin Lucia Daniela Fresco haben Sie drei Neuzugänge aus dem Ausland in Ihrer Mannschaft. Das war in den letzten Jahren beim SC Potsdam nicht üblich.

Als sich im Sommer einige der bisherigen Potsdamer Spielerinnen entschlossen zu gehen, haben wir festgestellt, dass es auf dem deutschen Markt keine Spielerinnen gab, die sie ersetzen können und die hier bezahlbar sind. Daher haben wir uns entschlossen, uns auf dem ausländischen Markt nach jungen Spielerinnen umzuschauen, die zur Philosophie des Vereins passen. Für mich ist es sehr wichtig, dass sich Nikol, Simona und Lucia hier wohlfühlen. Es war für sie nicht einfach herzukommen, denn es ist für alle drei die erste Erfahrung im Ausland.

Ihr Landsmann Davide Carli, der Sie zunächst nur einige Wochen unterstützen sollte, bleibt nun die gesamte Saison als Co-Trainer. Warum?

Weil er hier auch in die Nachwuchsarbeit eingebunden werden konnte. Davide ist vor allem als mein Co-Trainer und als Scout tätig. Und wenn er nicht mit der Bundesliga ausgelastet ist, kümmert er sich auch mit um den Jugendbereich.

Wenn in den vergangenen Wochen irgendwann mal frei war, sind Sie nach Italien geflogen. Wie verkraften Sie diesen Spagat zwischen der Arbeit in Potsdam und der Familie daheim?

Das ist kein Problem, mit dem Flugzeug brauche ich nur anderthalb Stunden von Berlin nach Mailand. Und ich fühle mich hier ja auch wohl. Ich bin jetzt das elfte Jahr in Deutschland und kenne die Gewohnheiten der Deutschen. Es ist nicht schwer, hier zu leben. Sicher, es herrscht ein bisschen mehr Hektik als in Italien, aber auch die Leute hier sind fröhlich und genießen das Leben. Auch die Deutschen sind Genussmenschen.

Das Interview führte Michael Meyer.

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