zum Hauptinhalt

Aus dem GERICHTSSAAL: Unsittliche Berührung der Ziehtochter

Sechs Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener

Stand:

„Es gibt weit schwerwiegendere Straftaten in diesem Bereich. Dennoch sollte man das Verhalten des Angeklagten nicht bagatellisieren“, führt der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft aus und beantragt sieben Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener in zwei Fällen. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Rita Franke hält sechs Monate für ausreichend, legt die Bewährungszeit auf zwei Jahre fest. Und damit es ein bisschen weh tut, soll der Angeklagte eine Geldauflage von 500 Euro an das Potsdamer Frauenhaus zahlen.

Hagen H.* (44) schämt sich sichtlich, das erste Mal im Leben auf der Anklagebank sitzen zu müssen. „Mein Mandant räumt die Vorwürfe vollinhaltlich ein“, lässt der Verteidiger verlauten. Doch das Gericht möchte es schon etwas genauer. Stockend berichtet der Kraftfahrer, wie er im Vorjahr die damals 15-jährige Tochter seiner Lebensgefährtin über deren Kleidung überall berührte, ein anderes Mal in ihrem Beisein onanierte. „Unsere Familiensituation war damals nicht einfach.“ Sex mit seiner Frau habe er nur sporadisch gehabt, dafür viel Stress, auch mit deren Tochter Pauline, an der er von klein auf Vaterstelle vertreten habe, so Hagen H. Schon seit 2004 habe das Mädchen die Schule geschwänzt, sei vom Jugendamt schließlich in eine Wohngemeinschaft eingewiesen worden. Irgendwann habe sich Pauline ihrer Mutter in einem Brief anvertraut. „Meine Lebensgefährtin war natürlich geschockt. Bis heute haben wir uns nicht richtig darüber unterhalten“, erzählt der Potsdamer. Zu Pauline sei das Verhältnis allerdings inzwischen relativ entspannt. „Sie kommt uns regelmäßig am Wochenende und in den Schulferien besuchen. Wenn sie ihre zehnte Klasse beendet hat, werde ich ihr nach Kräften helfen, eine Lehrstelle zu finden“, versichert Hagen H.

„Hat Pauline Sie zu den angeklagten Handlungen animiert?“, fragt der Staatsanwalt. Der Angeklagte schüttelt den Kopf. „Bei uns zu Hause ist es nicht gerade zugeknöpft zugegangen“, räumt er ein. Doch die Ziehtochter habe in ihm nie etwas anderes als den Vaterersatz gesehen. Zu ihrem leiblichen Vater habe sie keinen Kontakt mehr.

„Durch Ihr Geständnis haben Sie Pauline zwar erspart, vor Gericht aussagen zu müssen, so dass wir uns kein Bild von dem Mädchen machen konnten. Wir wissen nicht, ob ihr Verhältnis zum anderen Geschlecht vielleicht dauerhaft gestört wurde“, gibt der Staatsanwalt zu bedenken. Den größten Schaden habe sich der Angeklagte durch sein Verhalten allerdings selbst zugefügt. „Sie haben das Vertrauen von Pauline missbraucht.“ (*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })