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Von Henri Kramer: Unter Nichtrauchern

Die 10b der Lenné-Schule ist die älteste Klasse Potsdams beim „Be Smart“- Nichtraucher-Wettstreit

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Einer raucht gegen alle. Das Gruppenfoto ist der Beweis. Denn vor die Wahl gestellt, ob sich Wieland beim Klassenfoto lieber lässig qualmend oder mit zerknüllter Zigarettenschachtel fotografieren lassen will, entscheidet er sich für den Glimmstengel. Die Klassenkameraden des 15-Jährigen sollen nun empört auf den Rotschopf gucken – und schaffen es doch nicht ganz. Gekicher. Wieland inhaliert den Rauch.

In der 10b der Lenné-Gesamtschule ist er der einzige, der raucht. Das reicht dennoch dafür, dass Wieland und seine Mitschüler beim gerade begonnenen „Be Smart – Don“t Start-Wettbewerb antreten können. Am Montag hat der Wettstreit begonnen, bei dem Klassen aus ganz Deutschland verschiedene Preise gewinnen können, wenn mindestens 90 Prozent ihrer Schüler bis zum 30. April 2009 rauchfrei bleiben. Dafür müssen sie Klassenverträge unterschreiben und regelmäßig berichten, ob sie durchgehalten haben.

Die 10b ist die älteste von zwölf Klassen aus Potsdam, die an dem Wettbewerb teilnehmen. Seit zwei Jahren schon nehmen die Lenné-Schüler mit Erfolg daran teil, haben bereits Kinobesuche, Gutscheine für ein Fitnessstudio und einen Ausflug gewonnen. „So eine Klasse habe ich noch nie erlebt, in der in diesem Alter so wenige rauchen“, sagt Lehrerin Kerstin Sixel. Und verweist auf Parallelklassen an der Schule. In den längeren Pausen der Lenné-Schule gilt besonders der nahe Rewe-Discounter als ein beliebter Treffpunkt für die Zigarette zwischen den Stunden.

In der Tat scheint das Beispiel 10b für Potsdam selten. Dies suggerieren auch die aktuellen Statistiken über rauchende Schüler der Landeshauptstadt, die allerdings schon vier Jahre alt sind. Damals lag das Alter bei Beginn des Rauchens im Schnitt bei 13,2 Jahren. 499 von 1622 gefragten Schülern sagten, dass sie täglich zur Zigarette greifen. Nie rauchten nur 438. Wahrscheinlich gibt es inzwischen aber auch unter Potsdams Schülern mehr Nichtraucher als Raucher. Denn deutschlandweit geht die Zahl der jungen Raucher seit Jahren klar zurück. Das hat eine jüngst neue Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gezeigt. Allein seit 2001 nahm der Anteil der rauchenden 12- bis 17-Jährigen von 28 Prozent auf 15 Prozent in diesem Jahr ab.

Auch in der 10b sind sich die Schüler sicher, dass sie noch lange Zeit ohne Tabak auskommen. „Ich hätte Angst, zu süchtig zu werden“, sagt Anne. Außerdem verbrauche das Rauchen zu viel Taschengeld, meint die 15-Jährige. Das „zu teuer“-Argument nennen viele Schüler in der Klasse. Dazu kommt der Sport. Fast die Hälfte der Schüler ist in Sportvereinen aktiv. Zum Beispiel Fabian. Der 16-Jährige trainiert in der Potsdamer Rudergesellschaft und raucht schon wegen des regelmäßigen Trainings nicht: „Ich brauche Kraft und Ausdauer.“ Anna ist auch in einem Sportverein. Doch sieht sie noch einen anderen Vorteil: „Weil der Wettbewerb auf Vertrauen beruht, stärkt er auch den Zusammenhalt in der Klasse.“

Wieland hört solche Argumente oft. Doch er sagt, ihm schmecken Zigaretten. Und als Außenseiter sieht er sich deswegen längst nicht. „Ich erwarte, dass die Klasse mich akzeptiert.“ Schließlich versuche er auch nicht, andere dazu zu überreden, einmal eine Zigarette zu probieren. Das ist wohl auch nicht mehr nötig. Als Lehrerin Kerstin Sixel fragt, wer schon einmal geraucht hat, ist das Stimmgewirr groß. Schließlich meldet sich mehr als die Hälfte aller Schüler. Nichtraucher sind sie dennoch geblieben.

Im Internet:

www.besmart.info

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