Landeshauptstadt: Unterdurchschnittliche Nahversorgung
Gegenüber anderen Städten Brandenburgs ist in Potsdam das Angebot alltäglichster Waren dürftig
Stand:
Geld ist vorhanden, doch ausgeben ist schwer. Vor allem beim Angebot alltäglichster Waren schneidet Potsdam schlechter ab als andere Städte im Land Brandenburg. Gerade einmal 0,45 Quadratmeter Verkaufsfläche mit nahversorgungsrelevanten Gütern wie Lebensmittel, Drogerieartikel oder Medikamente kommen in Potsdam auf jeden Einwohner. In Oranienburg sind es immerhin 0,64 und in Brandenburg/Havel 0,79 Quadratmeter. Der Durchschnitt im Land Brandenburg liegt bei 0,59 Quadratmeter pro Person. Das ist zumindest ein Ergebnis der ersten umfassenden Analyse des Einzelhandels im Land Brandenburg. Am Dienstag wurde die Einzelhandelserfassung Brandenburg in Potsdam vorgestellt.
Mehr als ein halbes Jahr hat das Büro „Stadt+Handel“ aus Dortmund im Auftrag der Gemeinsamen Landesplanung Berlin und Brandenburg die Zahl und Sortimente der Geschäfte und Supermärkte erfasst, Leerstände recherchiert und die Kaufkraft der Kommunen verglichen. Dabei zeigt sich, dass Potsdam gegenüber den anderen kreisfreien Städten mit knapp 97 Prozent des Bundesmittels zwar die höchste Kaufkraft aufweist, das Geld aber mehr als anderswo außerhalb der Stadtgrenzen ausgegeben wird. „Im Landesvergleich ist Potsdam ein Unikum“, bestätigte Marc Föhrer von „Stadt+Handel“ gestern. Gründe für den Kaufkraftabfluss seien die Nähe zu Berlin und das geringe Angebot geeigneter Verkaufsflächen. Von einer Unterversorgung könne man zwar nicht sprechen, dennoch müsste sich die Stadt Gedanken machen, wie mehr geeignete Flächen bereit gestellt werden könnten. Nur 1,68 Quadratmeter Verkaufsfläche pro Einwohner hat Potsdam zu bieten. In der Stadt Brandenburg sind es 2,97, landesweit im Durchschnitt 1,98 Quadratmeter. Dennoch hat Potsdam wie alle Kommunen mit Leerstand zu kämpfen. Stadtweit stehen 15,5 Prozent aller Einzelhandelsimmobilien leer. Das Landesmittel liegt jedoch bei 19 Prozent. Ungenutzt sind in Potsdam laut der Einzelhandelserfassung vor allem kleine Ladengeschäfte mit einer Verkaufsfläche von bis zu 100 Quadratmetern im Innenstadtbereich. Für größere Handelsketten sind sie meist zu klein.
Deshalb besorgen die Potsdamer ihre größeren Einkäufe, wenn überhaupt in der Stadt, dann in den großen Centern; etwa im Stern Center oder in den Bahnhofspassagen. Um den Handel im Zentrum zu schützen hat die Stadtverwaltung lange deren Ausdehnung blockiert. Doch diese restriktive Politik ist längst der Einsicht gewichen, dass das Angebot in der Innenstadt nicht ausreicht, um die Kaufkraft zu binden. Das Ende 2009 verabschiedete Einzelhandelskonzept trage dem Mangel an Verkaufsflächen und dem Kaufverhalten Rechnung, meinte Wirtschaftsförderer Stefan Frerichs gestern. In einem ersten Schritt werde untersucht, wo sich im Zentrum noch zusammenhängende Flächen erschließen lassen. Danach würden auch die Erweiterungswünsche der Center-Betreiber in Betracht gezogen. Die umstrittene Sortimentsbeschränkung für die Bahnhofspassagen wurde bereits aufgehoben. Auch der Ausbau der Stern Centers sei „kein Tabu“ mehr, sagte Frerichs.
Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, begrüßt das „behutsame Umdenken“. „Potsdam hat wegen der hohen Kaufkraft ein großes Potenzial als Einkaufsstadt“, sagte er gestern. Vielleicht finde sich ja auch im Innenstadtbereich noch eine Fläche für ein größeres Einkaufscenter. Matthias Matern
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: