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Einkaufspassage in der Innenstadt: Unterirdische Visionen für den Stadtkanal

Die Planer der Tunnel-Passage haben ihre Ideen öffentlich vorgestellt – und Ablehnung geerntet.

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Potsdam - Wolfgang Cornelius bringt so schnell nichts aus der Fassung. Doch am Donnerstagabend war der Chef der Händlervereinigung AG Innenstadt verärgert: „Wir haben hier in Potsdam schon andere Großprojekte verhindert – und auch dieses wird keinen Erfolg haben.“

Gemeint war die Idee einer 1,2 Kilometer langen unterirdischen Einkaufs- und Kulturpassage unter dem Stadtkanal, die der Berliner Architekturprofessor Christoph Schwebel am Donnerstagabend erstmals vor Publikum im Innenstadt-Restaurant „Alter Stadtwächter“ erläuterte. Schwebel hat das Vorhaben zusammen mit Siegfried Benn, dem Chef des Fördervereins für die Wiederherstellung des Stadtkanals, erdacht und Ende Juni öffentlich gemacht – verbunden mit dem Hinweis, es gebe bereits einen Investor, der in die Passage 265 Millionen Euro stecken, sie auch betreiben und zusätzlich sogar den Kanal ausbauen würden.

Doch wer der oder die bisher unbekannten Geldgeber sind, das sagte Schwebel auch am Donnerstag nicht: Die Investoren wollten zum jetzigen Zeitpunkt nicht genannt werden. Als Begründung verwies Schwebel etwa auf Software-Unternehmer und Mäzen Hasso Plattner, der nach seinem Angebot, das Hotel Mercure zugunsten einer Kunsthalle abzureißen, öffentlich kritisiert wurde: „In diese Situation wollen wir nicht kommen.“

Doch das reichte Cornelius nicht. Er erinnerte an schlechte Erfahrungen, die Potsdam in der Vergangenheit mit diversen Projektentwicklern gemacht habe. Schwebel hielt dagegen: „Sie sind seriös.“ Er könne aus seiner Erfahrung beurteilen, „ob jemand ein Ganove ist oder nicht“. Schwebel ist Architekt bei den namhaften Berliner Gebäudeplanern Patzschke & Partner, die etwa das Hotel Adlon am Brandenburger Tor entwarfen.

Statt den Investor stellte Schwebel seine Pläne vor. Unter anderem würde der Platz der Einheit komplett verändert, dort wäre der als Amphitheater gestaltete Eingangsbereich in die Passagen. Dadurch erhalte der Platz, „jetzt eher eine Müllsammelstelle“, deutlich mehr Aufenthaltsqualität, so der Architekt: „Und ich würde ihn gern in Wilhelmplatz umtaufen.“ So hieß der Platz bis 1945. Ebenso verdeutlichte Schwebel auf Skizzen die Dimensionen des Ganzen: Zwei Parkhäuser – unter der Straße Am Kanal und unter der Dortustraße – sollen allein 20 000 Quadratmeter groß sein. In der unterirdischen, sich über zwei Etagen erstreckenden Passage würden weitere 45 000 Quadratmeter für Handel zur Verfügung stehen – das wäre mehr Fläche als im Stern-Center. Das bietet derzeit 35 000 Quadratmeter Einkaufsfläche. Cornelius sagte, würde ein derartiges „Unding“ kommen, müssten Unternehmen wie Karstadt wegen der neuen Konkurrenz wohl ihr Engagement in der Brandenburger Straße beenden: „Dieses Projekt würde mehr zerstören, als ein wiedergewonnener Stadtkanal wieder gutmachen könnte.“ Mit ähnlichen Argumenten hatte bereits Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) das Projekt als deutlich überdimensioniert bezeichnet. Schwebel dagegen versicherte, eine Konkurrenz für die Innenstadt und andere Handelsplätze sei das Projekt nicht.

Das kann sogar sein – zumindest wenn es nach Horst Obermayer geht, der nach eigenen Angaben über Jahrzehnte Einkaufscenter in Deutschland mitplante. Sein Unternehmen hätte ein solches Projekt nicht angefasst, lautete das Urteil des Experten am Donnerstagabend. Unterirdische Center hätten den Nachteil, dass die Umsätze abnehmen, je tiefer die Kunden hinab müssen. Dafür gebe es einige Beispiele, etwa in Berlin. Daher halte er die geplante Passage für nicht überlebensfähig: „Und was passiert, wenn der Investor pleite ist?“ Doch auch das hat Schwebel mit einkalkuliert: „Selbst wenn die Sache einmal pleitegeht, wäre dann der Kanal ausgebaut wieder da – und die Passage kann man wieder zuschütten.“ Er zumindest wolle den Kanal noch zu Lebzeiten genießen können.

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