Landeshauptstadt: Unterm Eis Freizeitsportler tauchten im Heiligen See
Berliner Vorstadt - „Nicht wie ein Walross“, ruft Tauchlehrer Matthes Uhlmann und lacht. „Wie die Pinguine sollt ihr aus dem Wasser aufs Eis gleiten.
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Berliner Vorstadt - „Nicht wie ein Walross“, ruft Tauchlehrer Matthes Uhlmann und lacht. „Wie die Pinguine sollt ihr aus dem Wasser aufs Eis gleiten.“ Die Eleganz hat am Ende des ersten Eistauchgangs etwas nachgelassen und die drei Eistaucher von insgesamt sieben sind froh, dass es ihnen überhaupt gelungen ist, mit minimaler äußerer Hilfe aufs Eis zu glitschen. Am Samstag gegen 14 Uhr haben sie ihren Eistauchgang hinter sich. Manche mit Trockentauchanzügen, die ein Verweilen bis zu zwei Stunden unterm Eis gestatten, manche mit Nassanzug, der das eisige Wasser an den Körper heranlässt und den Tauchgang auf 20 Minuten begrenzt. Sie waren in ein dreieckiges Eisloch gestiegen, dass vorher glattrandig freigelegt und gesichert worden war. Schließlich sollte keiner der Eisläufer auf dem See hineinfallen. Die 15 Zentimeter dicke Eis dicke gab gute Standsicherheit.
„Das ist jedes Mal ein ganz besonderes Erlebnis, wenn man unter dem Eis hinwegtaucht“, sagt Ronald Wagner (39). Das Licht erscheine neblig-fahl und die durchs Wasser schwebenden Luftblasen würden wie eine Wunderwelt wirken. Wagner ist schon oft beim Eistauchen dabei gewesen, an die 12-, 13-Mal, sagt er. Er liebt den Heiligen See und nennt die Sicht dort auch im Sommer mal besser und mal schlechter. Ende der 90er Jahre habe der See aber noch erheblich klareres Wasser gehabt, bestätigt er die Meinung von Bernd Reißland, Chef des Potsdamer Tauchsportservices und einer Tauchschule, die das Samstag-Spektakel veranstaltet hat. Christel Braune, die gerade ihren 59. Geburtstag feierte, zog es dagegen das erste Mal unters Eis. Sie war am Samstag die einzige weibliche Taucherin.
Reißland hatte– wie die PNN berichteten – dieser Tage Alarm geschlagen und darauf hingewiesen, dass der Heilige See zu einer Kloake zu verkommen droht. Unterhalb von vier Metern gebe es kaum noch Leben im See. Reißland, der den Heiligen See mit seinen Schülern immer wieder für Tauchgänge nutzt, weiß das aus eigener Erfahrung und er möchte sein Lieblingsgewässer retten. Dafür versucht er eine Allianz zwischen den zuständigen Behörden und Geldgebern zu schmieden. Jetzt könne der See noch mit einigen Tausend Euro gerettet werden, sagte er gestern am Rande des Eistauchens, in ein paar Jahren seien dafür wahrscheinlich Millionen nötig. Reißland hält nicht nur einen Frischwasseraustausch, sondern auch eine Entschlammung für möglich.
Das Eistauchen, dass er eine „stille Leidenschaft“ nennt, hat eine ganz praktische Variante. Tauchern, die sich auch einmal in nordischen Ländern unters Eis wagen wollen, versucht er beizubringen, wie man sich dabei sicher und angstfrei verhält. Damit es keine Verirrungen und Verwirrungen gibt, waren die Sportler am Samstag bei ihrem Tauchgang im Heiligen See mit einer Signalleine an einen Sicherheitsmann angebunden und zur Orientierung war das Eis rund um das Eisloch strahlenförmig von Schnee befreit worden. Beim Tauchgang erkälte sich niemand, sagte Uhlmann, aber danach müsse man aufpassen und sich sofort von den nassen Sachen befreien und anwärmen, vor allem auch den Kopf bedecken. Mitgebrachte Heißgetränke tun dann ein Übriges.
Reißland nennt das Eistauchen eine „stille Leidenschaft“ und das trifft sicher auf all die Mutigen zu, die sich ins kühle Wasser begeben, dessen Temperaturen zwischen null und vier Grad schwanken. Auf dem See aber ging es ausgesprochen munter zu. Nicht nur der Eistauchgang hat viele Schaulustige angelockt. Mit Kind und Kegel frönten viele dem winterlichen Vergnügen des Eislaufens. Mit Einbruch der Dunkelheit ging das Fest zu Ende und die Taucher verschlossen mit den Eisdreiecken das Wasserloch wieder. Bis es erneut fest zugefroren ist, bleibtes mit Flatterband gesichert. Hella Dittfeld
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