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Von Günter Schenke: Unternehmer rufen um Hilfe

AG Holländisches Viertel fordert Innenstadt-Konzept / Sanierung läuft aus

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Innenstadt - Die Geschäfte im Holländischen Viertel laufen schlecht. Gastronom Maximilian Dreier weiß, dass 2010 mindestens fünfzehn Geschäftsleute aufgeben werden – etwa die selbe Zahl wie im Vorjahr. Die Hiobsbotschaft verkündete Dreier Donnerstagabend auf einer öffentlichen Diskussion des SPD-Ortsvereins Potsdam Mitte/Nord. „Wir haben real Probleme“, klagt er. Laut Statistik gibt es derzeit 300 angemeldete Gewerbe und 800 Bewohner in diesem Innenstadt-Quartier.

Wolfgang Dümcke, Mitglied in der AG „Holländisches Viertel“, sagt: „Keiner der Händler überlebt länger als fünf Jahre.“ Das Problem seien laut Dreier die hohen Gewerbemieten, die durch die Einnahmen nicht erwirtschaftet werden könnten. Es fehlen die Kunden. „Nach einem Jahr kommt die Pleite“. Eigentümer Günther Jauch habe daher die Miete um 60 Prozent gesenkt, erwähnt er. Um die vierzig Euro soll ein Gewerbe-Quadratmeter kosten, immerhin noch dreißig Euro weniger als in Spitzenlagen Zehlendorfs, wie ein Teilnehmer berichtet. Die Grundstücksbesitzer müssten die Mieten hoch ansetzen, um die enormen Sanierungskosten der denkmalgeschützten Gebäude wieder hereinzubekommen.

Dreier und seine Mitstreiter in der AG „Holländisches Viertel“ machen Stadtverwaltung und -politik für die Misere mit verantwortlich. „Es gibt kein Konzept für die Innenstadt und das Holländische Viertel“ behauptet Dreier. Das Parkplatzproblem werde nicht gelöst; die Beleuchtung der Straßen sei ungenügend und das Ordnungsamt tue seine Pflicht nicht.

Oliver Graumann, als Fachbereichsleiter für Stadtentwicklung und Denkmalpflege vor einem Jahr nach Potsdam gekommen, weist die Kritik an der Verwaltung zurück und fordert mehr Einsatz von den Geschäftleuten und Bewohnern. Warum kaufen die Leute nicht? – fragt er. „Liegt es an den Preisen oder an den falschen Produkten?“ Der Fachbereichsleiter erwähnt, dass seit 1992 zwanzig Millionen Euro Fördermittel ins Holländische Viertel investiert wurden, jetzt gebe es nur noch Rest-Sanierungen wie den Fußweg in der Hebbelstraße. Die Zeit sei reif, die Gültigkeit als Sanierungsgebiet aufzuheben, denn über neunzig Prozent der Substanz sei in Ordnung. Graumann bemängelt, dass es zu viele widersprüchliche Interessen unter den Anliegern gebe. Dreier hingegen beklagt die mangelnde Gleichbehandlung durch die Verwaltung bei Bauanträgen. Er habe strengste Auflagen für die Abluftanlage zu erfüllen und der Nachbar könne machen was er wolle.

Auf die Forderung nach einem Konzept, das die Zukunft des Holländischen Viertels abstecken soll, geht Graumann nicht ein. Das würde Geld kosten. Fördermittel gebe es nicht mehr, lediglich für das „Geschäftsstraßenmanagement“ stehen bis 2011 noch Mittel zur Verfügung. Jan Kickinger, von Stadtkontor GmbH als Manager dafür zuständig, moniert die „zu hohen Ansprüche an die Verwaltung“. Ziellos sei die Stadt keineswegs, schließlich gebe es ein Einzelhandels- und sogar ein Beleuchtungskonzept.

Seit der Einwohnerversammlung Ende November 2009 hat sich offenbar kaum etwas bewegt: Die gewünschten Parkplätze sind nicht in Sicht, in der Mittelstraße stehen die Autos nach wie vor kreuz und quer, das Modellprojekt zur Beleuchtung kommt wegen fehlender 4000 Euro nicht zustande, die Händler-Rotation geht weiter und der Zusammenhalt von Bewohnern, Eigentümern und Geschäftsinhabern ist nicht enger geworden. Oliver Graumann sieht als einzige Lösung, dass „wir weiter miteinander im Gespräch bleiben“. Allerdings: Wenn die Gültigkeit als Sanierungsgebiet aufgehoben werde, sei er und sein Fachbereich nicht mehr zuständig.

Günter Schenke

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