Landeshauptstadt: Untersee, Odyssee, Übersee
Sieben Humboldt-Schüler fliegen am Dienstag zur Kreativ-Weltmeisterschaft
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Da werden die Kollegen bei der Gepäckkontrolle bestimmt aufmerksam: Denn das Schwertfischkostüm, das Friedrich im Koffer nach New York mitnehmen will, ist mit 500 Metall-Büroklammern beklebt. Das dürfte ein interessantes Bild bei der Durchleuchtung geben.
Am kommenden Dienstag ist es so weit: Friedrich und sechs seiner Klassenkameraden aus der 7 M des HumboldtGymnasiums in der Heinrich-Mann-Allee gehen auf Reise. Oder besser gesagt: auf Odyssee. Denn das Ziel ist die Weltmeisterschaft der „Odyssey of the Mind“ – „Odyssee des Geistes“ – im US-amerikanischen East Lansing. Dort, an der Michigan State University, treffen sich insgesamt 15 000 Jugendliche, um sich im kreativen Problemlösen zu messen. Seit 1978 schon existiert der Wettbewerb, bei dem die Jugendlichen eine Aufgabe in einem achtminütigen Theaterstück umsetzen und außerdem spontan improvisieren müssen. 1991 beteiligten sich zum ersten Mal Deutsche daran.
Gestern probten die Potsdamer in der Mensa ihrer Schule zum letzten Mal ihr Theaterstück, das sie für den Wettbewerb selbst geschrieben und inszeniert haben. Und das trotz des ausgerufenen „Brückentages“ nach Himmelfahrt und strahlendem Sonnenschein. Die Überstunden sind für die Siebtklässler mittlerweile der Normalzustand: Ende Oktober begannen sie mit den ersten Vorbereitungen für das Stück.
Der Inhalt ist schnell erzählt: Ein egoistischer Hai zieht seine Mitfische gnadenlos über den Tisch und gibt sich dabei auch noch als Wohltäter aus. Am Ende wird er allerdings von einer weisen Schildkröte entlarvt.
Die Unterwasser-Fabel präsentieren die Schüler in phantasievollen Kostümen – alles ist selbst gemacht. „Das war eine Knochenarbeit“, erzählt Maike. Für ihren Schildkrötenpanzer haben die Schüler hunderte von Kronkorken mit der Wurstschneidemaschine zu Plättchen zerschnitten. Das Bühnenbild kann in Sekundenschnelle gebaut werden: Die Schüler haben dafür Pappkartons von mehreren Seiten bemalt. Wie beim Kinderpuzzle braucht man die Kartons nur umzudrehen, um die Unterwasser-Szenerie mit Schiffswrack in den Thronsaal des Seekönigs zu verwandeln.
Die Mühe hat sich gelohnt: Ende März gewannen die Humboldt-Schüler damit den Gruppenausscheid in Berlin. Und nun geht es weiter nach Amerika. „Das ist schon toll“, schwärmt Friedrich. Sogar seine Eltern seien neidisch.
Für die Weltmeisterschaft haben die Schüler ihr Stück ins Englische übersetzt. „Sonst hätten wir gar keine Chance gehabt“, glaubt Laura. Aus „Karla Krake“ ist nun „Olivia Octopus“ geworden. „Es ist schwierig mit den Sprachspielen“, sagt Leo, der egoistische Hammerhai. Unterstützung bei der Übersetzung bekamen die Schüler von Anja Bernau, der Referendarin für Englisch und Deutsch am Humboldt-Gymnasium. Sie will die Schüler jetzt noch sprachlich fit machen für den Flug. Denn bei der Einreise werde jeder Tourist befragt. Damit die Schüler dann nicht nervös werden, will die Englischlehrerin die Situation vorher mit Rollenspielen probieren. Jana Haase
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