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Landeshauptstadt: „Unzureichend, unvollständig“ Argus-Untersuchung: Behörden lassen Initiativen gegen Straßenprojekte häufig auflaufen

Falsche oder veraltete Informationen, erschwerte Akteneinsicht, Entscheidungen möglichst im stillen Kämmerlein – die Bürgerinitiative „Unser See“ weiß nichts Gutes über die Straßenbaubehörden zu berichten. Gemeinsam mit anderen Initiativen macht sie sich gegen die Templiner Spange stark – die umstrittene Potsdamer Ortsumgehungsstraße, die B 1 und B 2 über den Templiner See verbinden soll.

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Falsche oder veraltete Informationen, erschwerte Akteneinsicht, Entscheidungen möglichst im stillen Kämmerlein – die Bürgerinitiative „Unser See“ weiß nichts Gutes über die Straßenbaubehörden zu berichten. Gemeinsam mit anderen Initiativen macht sie sich gegen die Templiner Spange stark – die umstrittene Potsdamer Ortsumgehungsstraße, die B 1 und B 2 über den Templiner See verbinden soll. Mit „Taschenspielertricks“ habe die Potsdamer Stadtverwaltung versucht, die Straßengegner vom Entscheidungsprozess auszuschließen – und dabei deren fachlichen und juristischen Sachverstand weit unterschätzt, sagt „Unser See“-Sprecher Hans-Joachim Kursawa.

Die Erfahrungen der Caputher Aktivisten decken sich mit denen anderer Initiativen, die im Land Brandenburg gegen Straßenbauprojekte kämpfen. Das ergab eine Untersuchung der Potsdamer „Arbeitsgemeinschaft Umweltschutz und Stadtgestaltung“ Argus, die landesweit Vertreter von zehn Bürgerinitiativen interviewte. Ob die „BI Kahren“ in Cottbus, die Initiative „Schönes Falkensee“ oder das „Forum Oderbruchtrasse“: „Die Initiativen fühlen sich überwiegend als Fortschritts-Verhinderer wahrgenommen“, so Argus-Geschäftsführerin Elvira Schmidt. „Unzureichend, unvollständig und unwillig“ würden Behörden über die Projekte informieren, obwohl das Informationszugangsgesetz die Bürgerrechte ganz klar regelt.

Schmidt forderte gestern Kommunikationsschulungen für die Straßenbauverwaltungen. Die Ergebnisse der Untersuchung seien auch Bauminister Reinhold Dellmann (SPD) vorgelegt worden, der Besserung gelobt habe. „Aber wenn wir uns das neue Straßengesetz anschauen, wachsen Zweifel“, so Schmidt bei einem Pressegespräch. Die Mitbestimmungsrechte würden mit der im Januar vom Kabinett beschlossenen Gesetzesnovelle weiter beschnitten, noch in diesem Jahr soll das Gesetz den Landtag passieren.

Erörterungstermine sind demnach nicht mehr zwingend vorgeschrieben, sondern liegen im Ermessen der Anhörungsbehörde. Die demokratische Mitwirkung werde auch beschnitten, wenn wie geplant der Kreis der Projekte schrumpft, für die Planfeststellungs-, Raumordnungsverfahren und Umweltuntersuchungen durchzuführen sind, fürchtet Schmidt.

Die Initiative „Unser See“ konnte mit ihrem Protest zumindest Teilerfolge erzielen: Die Kommunale Arbeitsgemeinschaft, die ein Raumordnungsverfahren vorbereiten sollte, wurde aufgelöst – und damit das ganze Projekt auf Eis gelegt. Und Hans-Joachim Kursawa kann sich freuen, dass die Potsdamer SPD in ihrem Rathaus-geprägten Wahlprogramm die Templiner Spange „möglichst vermeiden“ will. Im Bundesverkehrswegeplan ist das Vorhaben allerdings noch verzeichnet. Und auch das deckt sich mit den Erfahrungen anderer Initiativen, wie Elvira Schmidt deutlich machte: „Manchmal braucht es einen langen Atem.“

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