Homepage: Urgestein des Internets
Internet-Gipfel in Potsdam: Eingeladen hat HPI-Professor Werner Zorn, der China mit ins Web holte
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Dass der Gipfel diesen Namen auch verdient, daran lässt Werner Zorn keine Zweifel: „Das ist das Urgestein des Internets, was hier sitzt“, sagte der Professor des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) über die anwesenden Internet-Experten gestern Nachmittag zu Beginn der Tagung: „Die kommen so schnell nicht wieder zusammen.“ Die Wiedersehensfreude war dem 64-Jährigen, der bald in den Ruhestand verabschiedet wird, anzumerken.
In den 80er Jahren hat Zorn mit vielen der 200 Tagungsgäste an dem gebaut, was heute das Internet ist. An der Universität in Karlsruhe, an der Zorn damals arbeitete, erhielt er 1984 die erste deutsche Mail. Drei Jahre später – im August 1987 – holte er mit seinen Kollegen die Technische Universität Peking und damit China erstmals ins Internet. Dass diese Leistung endlich – 20 Jahre später – auch von chinesischer Seite anerkannt wird, ist die Hoffnung, die Zorn in den Internet-Gipfel am HPI setzt. „Sie wurde bisher überhaupt nicht beachtet“, sagte der Informatik-Professor den PNN. Dabei sei die internationale Zusammenarbeit gerade in der Wissenschaft äußerst wichtig: „Wissenschaft lebt vom Austausch“, so der Internet-Pionier. Jenseits politischer Grenzen habe Wissenschaft immer versucht, Verbindungen zu halten, „egal, wer oben sitzt“.
Diese Auffassung spiegelt sich auch im Thema der Tagung wider: Die deutsch-chinesische Partnerschaft im IT-Bereich. Und so berichtete gestern auch die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhao vom HPI-Campus.
Zur Eröffnung sprachen Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Sie begrüßten die Teilnehmer, die unter anderem aus den USA, China, Irland und den Niederlanden an den Potsdamer Griebnitzsee gereist waren. Auf verschiedenen Workshops wollen sie heute auch über die Geschichte der chinesischen Internet-Anbindung, den akademischen Austausch zwischen Deutschland und China und über die Rolle des Internets für die Olympischen Spiele 2008 diskutieren. Für die Tagung erhielt das HPI gestern zum zweiten Mal den Titel „Ort im Land der Ideen“.
Steinmeier warnte in seiner Rede vor einem angstgesteuerten Umgang mit der Weltmacht China: „Angst ist kein guter Ratgeber“, sagte er und kritisierte „boulevardkompatible“ Medienberichte. Kooperationen wie am HPI seien dagegen „genau der richtige Weg“. Die bisherigen Fundamente der Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland müssten „kulturell verbreitert“ und „technologisch in die Höhe gebaut“ werden.
China werde bald schon das „größte Internet“ haben, prophezeit Zorn. „Das Internet wird sich ausbreiten, weil es jetzt auch staatlich gefördert wird“, sagt er. Der Umgang mit der politischen Opposition ist für ihn allerdings „nicht nur eine Internetfrage“. Das Netz sei nur eine Ebene von vielen. „Das Internet ist in der Wirklichkeit angekommen“, so Zorn: „Jetzt sitzen alle Potentaten mit am Tisch.“
Mit seinem baldigen Ruhestand will er sich allerdings nicht endgültig aus der Wissenschaft verabschieden: „Ich habe noch ein Zimmerchen am HPI“, sagte Zorn. Er betreue auch weiterhin Informatik-Diplomanden. Auch wenn er sich bereits aus der aktiven Internetarbeit zurückgezogen habe: „Ich bleibe Beobachter.“ Jana Haase
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