Landeshauptstadt: Varianten für die Biosphäre – und ein Dinopark für Potsdam?
Die Stadtverordneten sollen entscheiden, ob die Tropenhalle zu einem Freizeitzentrum umgebaut wird – oder ob der Abrissbagger kommen muss
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Bornstedter Feld - Wird Potsdams chronisch defizitäre Tropenhalle zum Freizeitparadies für Kinder, Jugendliche, Familien und Senioren? Die Stadtverwaltung prüft ernsthaft, die Biosphäre am Volkspark zu einer Multifunktionshalle mit zwei Kitas, einem Jugend- und einem Seniorentreff und einem Restaurant umzubauen. Dazu soll in der Halle ein Skaterpark, ein Kletterparcours oder ein Indoor-Spielplatz entstehen. Alternativ dazu wird im Rathaus sogar erwogen, die Halle abzureißen – oder den Betrieb einfach fortzusetzen. Diese drei Handlungsvarianten sollen die Stadtverordneten in ihrer Sitzung am 7. November erstmals beraten – hinter verschlossenen Türen. Zur Vorbereitung hat die Stadtverwaltung an alle Fraktionen ein bisher geheimes Papier versandt, das den PNN vorliegt.
Laut der im Baudezernat des Grünen- Beigeordneten Matthias Klipp erstellten Vorlage verabschiedet sich die Stadt damit endgültig von dem seit fünf Jahren verfolgten Plan, für die zur Bundesgartenschau 2001 errichtete Tropenhalle wieder einen privaten Betreiber zu finden. Auch darüber muss das Stadtparlament abstimmen. Einem letzten verbliebenen Bewerber, der eine Dinosaurier-Ausstellung in der Halle und im Außengelände plant, wolle man absagen, so die Stadt. Laut dem Papier plane dieser nicht namentlich benannte Bieter eine Evolutionsschau samt wissenschaftlicher Forschung, bei der auch Teile des Volksparks einbezogen werden müssten. Laut dem Konzept seien 200 lebensgroße Tierkonstruktionen von bis zu 45 Metern Höhe auf einem Rundweg von zwei Kilometer Länge geplant.
Doch laut der Bauverwaltung wird daraus nichts. So wäre der Dino-Park nach den derzeitigen Festlegungen des geltenden Bebauungsplans unzulässig: Die Fläche rund um die Biosphäre sei als Parkanlage festgeschrieben. Demnach seien an dieser Stelle nur Bauvorhaben erlaubt, die der Erholung dienten, heißt es. So würde die Dino-Schau den Volkspark zerschneiden. Wegfallen könnten der Rundpromenadenweg und eine Fläche für Großveranstaltungen wie die Feuerwerkersinfonie – oder in einer anderen Park-Variante 2,3 Hektar Land für Wohnbebauung, warnt die Bauverwaltung. Weiter verweist die Verwaltung auf Probleme mit dem Bauordnungs- und auch mit dem Förderrecht.
Bekanntlich muss die Biosphäre bis Ende 2017 als „touristische Einrichtung“ betrieben werden, sonst droht die Rückzahlung von bis zu 21,5 Millionen Euro Fördergeldern. Derzeit ist die von einer Tochter der kommunalen Bauholding Pro Potsdam betreute Halle – 2007 war dem früheren privaten Betreiber das Geld ausgegangen – für die Stadtkasse eine Belastung. Allein in den vergangenen beiden Jahren flossen jeweils 1,7 Millionen Euro. Die Privatisierungsbemühungen der Stadt wurden nach Angaben der Verwaltung auch von einem millionenschweren Rechtsstreit zwischen dem Rathaus und früheren Baufirmen um die Baukosten für die Tropenhalle gehemmt. Für den Fall einer Niederlage in dem Streit hat die Stadt inzwischen Rücklagen in Höhe von 3,6 Millionen Euro gebildet.
Nun will es die Stadt weiter selbst versuchen: Eine erste Untersuchung zur künftigen Nutzung der Halle soll laut der Vorlage zunächst 100 000 Euro kosten. Dabei sollen die Varianten „Fortführung Tropenhalle“, „Umnutzung“ oder „Abriss“ geprüft werden. Unter anderem sollen die Kosten für einen Umbau der Halle und die Beseitigung der aktuellen Baumängel geschätzt werden. Ebenso müsste sich die Stadtverwaltung, sollte die Halle neu genutzt werden, aus urheberrechtlichen Gründen mit dem Haus-Architekten Barkow Leibinger abstimmen, heißt es in dem Papier – mit diesem befinde sich die Stadt derzeit ohnehin in einem weiteren Rechtsstreit über Honorare und Gegenleistungen wegen angeblicher Planungsfehlern: „Eine Einigung könnte gegebenenfalls im Rahmen eines Gesamtvergleichs angestrebt werden.“
Betrachten will die Bauverwaltung auch verschiedene Betreibermodelle für die Halle. Dazu will sie untersuchen, ob der Umbau der Biosphäre aus Treuhandmitteln des kommunalen Sanierungsträgers für das Bornsteder Feld finanziert werden könnte, da es um die Errichtung von sozialer Infrastruktur gehe. Zum Schluss sollen die Stadtverordneten mithilfe einer Prüfmatrix ein Urteil fällen. Bei einem Abriss der Halle könnten dort Sportplätze oder Bauland entstehen.
Auch die Pläne für den Dinosaurier- Park sind nicht ganz vom Tisch – nur will die Stadt sie an anderer Stelle realisiert wissen. So solle nach Aufhebung der Ausschreibung für die Biosphäre mit dem verbliebenen Bieter über alternative Standorte gesprochen werden. Denn das „Evolutions-Freilichtmuseum mit naturwissenschaftlicher Ausrichtung“ suche weltweit seinesgleichen, lobt die Bauverwaltung. Und: Denkbar für die Schau sei ein Standort in Autobahnnähe in einer planungsrechtlich weniger sensiblen Umgebung.
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