
© Manfred Thomas
Homepage: Veränderung ist nicht das erste Ziel
Halbzeit für den AStA der Universität Potsdam: Aufklärungsarbeit und ökologische Energie-Konzepte
Stand:
Vermeintliche Zwangsexmatrikulationen, überlaufene Beratungsangebote, fünf Millionen weniger im Haushalt, Mangel an Studentenwohnungen – zu wenig Arbeit gibt es für den Allgemeinen Studierenden-Ausschuss (AStA) der Universität Potsdam nicht. Besonders die Fristen für Magister- und Diplom-Studenten, nach denen diese im Laufe des Jahres ihr Studium beenden müssten, um nicht exmatrikuliert zu werden, sieht das AStA-Team kritisch. „Damit ist die Uni Potsdam im Bundesvergleich einmalig schlecht“, urteilt Roland Gehrmann vom Referat für externe Hochschulpolitik. Aus Sicht des AStAs wurden die Regelungen teilweise rechtswidrig beschlossen und den Studierenden aufgezwungen. Die Uni bestreitet das entschieden, nach Beratungsgesprächen würden Fristen verlängert, die Betroffenen würden nicht exmatrikuliert.
Zum AStA war Roland Gehrmann eigentlich wegen der Haushaltskürzungen des letzten Jahres gekommen: „Da wollte ich einfach eingreifen.“ Doch die befürchteten „Zwangsexmatrikulationen“ brennen ihm momentan noch mehr unter den Nägeln: Man merkt dem 25-jährigen Politikwissenschaftsstudent an, dass er die Vorgaben am liebsten mit einem Handstreich rückgängig machen würde, doch bisherige Bemühungen haben nicht gefruchtet. „Wir bereiten gerade eine Klage vor, um ein Kontrollverfahren gegen die Auslaufregelung durchzusetzen“, verrät der Geschichtsstudent Steffen Brumme vom Referat für Hochschulpolitik.
Brumme hatte sich bereits beim Bildungsstreik 2010 engagiert und sitzt auch schon seit einiger Zeit im Studierendenparlament. Mit dieser Erfahrung in Sachen Campuspolitik ist er nicht der einzige im Team: Nach dem rot-grünen AStA im Jahr 2011 ist der Ausschuss nun wieder rot-rot; viele Vertreter der Listen BeatUP und ShineUP saßen bereits einmal im AStA und kennen sich gut. „Es macht Spaß, mit diesen Leuten Politik zu machen“, meint der Politikwissenschaftsstudent Daniel Sittler (ShineUP) vom Referat für Öffentlichkeitsarbeit. Er ist AStA-Veteran und wirkt routiniert, er weiß, dass die Mühlen der Uni-Politik oft langsam mahlen. Auch der Rest des Teams scheint so viel Routine zu haben, dass man einfach mal auf einen Vorsitzenden verzichtet hat: „Für die interne Arbeit ist das nicht nötig und wir halten auch wenig von solchen hierarchischen Strukturen“, sagt Kulturreferentin Claudia Fortunato. Der Vorstand sei nur der Form halber gewählt worden, sagt die 23-Jährige.
Claudia Fortunato macht schon länger Hochschulpolitik, für BeatUP sitzt sie bereits seit mehreren Wahlperioden im Studierendenparlament (StuPa). Die Germanistik-Studentin hat sich die Förderung der Jugendkultur in Potsdam auf die Fahnen geschrieben und gleich als erstes die Montagskulturen im studentischen Kulturzentrum (KuZe) wieder reaktiviert, die unter dem letzten AStA nicht mehr stattgefunden hatten. Auf Initiative des AStAs wurde im Oktober 2011 auch beschlossen, das alternative Jugendkultur-Gelände Freiland mit 35 000 Euro zu fördern. Die Kooperation soll noch weiter gehen: Am 15. Juni wird das Hochschulsommerfest erstmals auf dem Freiland-Gelände stattfinden. Man sei in der Organisation des Festes schon sehr weit, sagt Steffen Brumme und dreht eine Tafel um, auf der in drei Spalten zahlreiche Zettel mit Band-Namen wie „Beatpoeten“ oder „Deine Elstern“ kleben: „90 Prozent des Line-Ups stehen bereits“, verrät Daniel Sittler.
Eine komplette Neuerung in der Liste der AStA-Referate stellt das Referat für Antimilitarismus dar, das Jan Eckhoff besetzt. Gründe dafür seien natürlich auch das Friedrich-Jahr und der allgemeine „Preußenfetisch“ in Potsdam gewesen, so Roland. Aber vor allem möchte der Ausschuss dadurch das Fach „Military Studies“ der Uni Potsdam thematisieren, das in Kooperation mit der Bundeswehr stehe. „Die Bundeswehr ist einer der größten Drittmittelgeber der Uni, aber es gibt keinen Diskurs darüber“, wundert sich Daniel Sittler.
„Bewusstsein schaffen“ gehört zu den Kernzielen des gegenwärtigen AStA’s. „Wir sind ein politischer AStA“, stellt Claudia Fortunato klar. „Unser erstes Ziel ist nicht, Veränderung zu erzwingen, denn das bringt schnell Frust, sondern mit Aufklärungsarbeit ein Bewusstsein für die brennenden Probleme zu schaffen“. Dies ist nötig für größere Aktionen: „Einen Bildungsstreik kann man nicht einfach so herbeischnipsen“, meint Roland Gehrmann, erst wenn genügend Studierende dahinter stünden, könne dies geschehen. Durch Proteste wiederum werde der Politik klar, dass sie handeln müsse.
In diese Philosophie passt auch einer der bislang größten Erfolge des AStAs: Am 25. Januar wurde eine Umweltkommission gegründet, die künftig neue, ökologische Energie-Konzepte für die Universität entwickeln soll. Die Kommission besteht unter anderem aus Dozenten, Studierenden und Uni-Mitarbeitern und hat gegenüber der Uni-Leitung eine beratende Funktion.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: