Homepage: Veränderungen finden im Kopf statt An der Uni gibt es ein Institut für E-Government
Gibt es eine Methode, die Probleme der ländlichen Gebiete in Brandenburg zu lösen? Etwas, das gegen Abwanderung, Ärztemangel, lange Wege und die fehlenden Arbeitsplätze hilft?
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Gibt es eine Methode, die Probleme der ländlichen Gebiete in Brandenburg zu lösen? Etwas, das gegen Abwanderung, Ärztemangel, lange Wege und die fehlenden Arbeitsplätze hilft? Ja, sagen Tino Schuppan und Manfred Suhr. Die beiden sind Geschäftsführer des Institute for eGovernment (IfG) in Potsdam.
Ihre Lösung ist digital. Durch eine Vernetzung der ländlichen Regionen wollen sie das erreichen, was Verwaltung und Wirtschaft aufgrund der weiten Wege normalerweise gar nicht mehr schaffen. Telemedizin etwa kann dem Landarzt die Überwachung seiner Patienten erleichtern. Ämter können ihre Dienstleistungen bis in das kleinste Dorf tragen, wenn sie mit dem Laptop zum Bürger kommen, anstatt den in die Kreisstadt zu bitten. Fachkräfte können von zu Hause arbeiten, und müssen so nicht umziehen.
Geht das so einfach? „Die Technik ist längst am Markt“, sagt Tino Schuppan. Was fehlt, sind Breitband- oder Funknetze. Die gibt es bisher nur in dicht besiedelten Städten. „Hier muss der Staat die Infrastruktur schaffen“, fordert Manfred Suhr. Einzelne Bausteine ihres groß angelegten „Regional Governance“ Konzeptes gibt es schon überall in Brandenburg. „Das sind aber alles nur Pilotprojekte“, erläutert Schuppan. „Erst durch die Koordination tritt ein langfristiger Erfolg ein.“
Ein solches Pilotprojekt hat das IfG selbst betreut. In Beelitz wurde die KFZ-Anmeldung dezentralisiert und so von der Kreisebene in die Stadt runter gebrochen. Das lief zwei Jahre lang erfolgreich. Bürger, Verwaltungsangestellte und der Bürgermeister waren begeistert. Dann wechselte der Landrat. Und der neue fand plötzlich rechtliche Bedenken, um das Projekt zu stoppen. „Schade“, sagt Manfred Suhr. „Aber neue Strukturen sind immer auch eine Machtfrage.“
Das haben die beiden E-Government-Experten in den vier Jahren, die ihr Institut jetzt existiert, immer wieder festgestellt. „Die Technologie ist längst vorhanden. Wir müssen Strukturen verändern, wenn wir E-Government einführen wollen“, sagt Tino Schuppan. Und Manfred Suhr ergänzt: „Veränderungen finden im Kopf statt oder sie finden gar nicht statt.“
Das Beelitz-Projekt wurde dann übrigens in Bayern und anderen Bundesländern sehr interessiert aufgenommen und erfolgreich umgesetzt. „Der Prophet zählt nichts im eigenen Land“, scherzt Manfred Suhr. Wie gut, dass das IFG deshalb auch außerhalb Brandenburgs Projekte betreibt. Das größte bringen sie gerade zu Ende. Unter dem Namen Metalogo wurden E-Government-Projekte in vier süd- und mittelamerikanischen Ländern betreut. Insgesamt 16 Kommunen wurden über drei Jahre begleitet. Im Juni findet die Abschlusskonferenz statt. „Die Problemstrukturen sind ähnlich wie in Brandenburg – nur auf einer anderen Ebene“, vergleicht Manfred Suhr.
„Jedes EU-Projekt hat heute einen kleinen E-Government-Teil“, sagt Tino Schuppan. Da kommt das IfG ins Spiel. Denn das Thema ist so interdisziplinär aufgestellt, dass es kein Lehrstuhl abdecken kann. „Das ist die Schnittstelle für private Institute wie unseres“, so Schuppan. 100 000 Zugriffe verzeichnet die Website des Instituts pro Monat, ähnlich viele wie die Internetseite der Stadt Potsdam. Sieben Mitarbeiter und im Schnitt drei Praktikanten arbeiten am IfG.
Ihre Beschäftigung ist durch weitere Projekte gesichert. Derzeit läuft ein Forschungsauftrag in Mecklenburg-Vorpommern an. Das Land will bis 2010 auf nur noch vier Landkreise abspecken. Die nötige Infrastruktur soll auf digitaler Basis bereitgestellt werden. Im Landkreis Ludwigslust begleitet das IfG die Umsetzung dieser E-Government-Komponenten. „Davon ist Brandenburg noch ein gutes Stück entfernt“, sagt Manfred Suhr.
Es bestehe aber Hoffnung. Auf Landesebene wird an gemeinsamen Strukturen und Systemen gearbeitet, die von Kommunen und Kreisen gemeinsam genutzt werden sollen. „Wenn das gut gemacht wird, ist das beispielgebend für ganz Deutschland“, sagt Tino Schuppan. Er bleibt aber dennoch skeptisch. Denn die Technik ist das eine Probleme, wichtig ist aber, dass alle mitmachen. „Die Kommunen müssen auf ihre eigenen Systeme verzichten, die sie vielleicht erst vor zwei Jahren eingekauft haben“, erläutert Manfred Suhr die Problematik. Das dürfte manchem Bürgermeister dann doch schwer fallen. Bodo Baumert
Bodo Baumert
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