
© Möldner
Von Michael Meyer: Verärgerte Potsdamer
Zum Auftakt der Judo-Bundesliga dürfen die EM-Teilnehmer wegen eines Verbots des Bundestrainers nicht für den UJKC antreten
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Axel Kirchner hat es nicht leicht; im Gegenteil: Er ist ziemlich verärgert und sauer auf Bundestrainer Michael Bazynski. „Die Vereine, die Bundeskader haben, werden letztlich dafür bestraft“, sagt der Cheftrainer des UJKC Potsdam wenige Tage vor dem Start der neuen Judo-Bundesliga-Saison der Frauen am kommenden Samstag. Grund für seinen Frust ist die Entscheidung des Frauen-Bundestrainers Bazynski, den in der nächsten Woche bei den Europameisterschaften antretenden Frauen den Bundesliga-Start am Samstag zu verbieten. Der UJKC muss damit zum Auftakt in Witten gegen den Hamburger JT und Gastgeber SU Witten-Annen auf Claudia Ahrens (63 kg) und Franziska Konitz (über 78 kg) verzichten. „Wir wollten den Kampftag daher verlegen, aber weil es zwischen Bundesliga-Ausschuss und Deutschem Judo- Bund keine Abstimmung dazu gab, wurde der Antrag abgelehnt“, erzählt Kirchner.
Das gleiche Problem gäbe es am zweiten Kampftag am 26. Juni, wenn der UJKC nach Neumünster muss, „weil der Bundestrainer gerade an jenem Samstag mit den Nationalkadern ins Trainingslager nach Frankreich fährt“, so Potsdams Chefcoach. „Die Mädchen müssen mit und stehen uns dadurch wieder nicht zur Verfügung.“ Wobei dieses Problem nicht nur seinen Verein, sondern auch die anderen Bundesligisten mit Bundeskadern beträfe. „Der Verband darf nicht vergessen, dass seine EM- und WM-Starter zum großen Teil durch uns Vereine materiell unterstützt werden. Wir organisieren Sponsoren für die Sportler, die wir dann aber in der Bundesliga nicht präsentieren können“, klagt der Potsdamer. Der auch noch eine andere Rechnung aufmacht: „Die Anzahl der Wettkämpfe und Trainingslager hat wesentlich zugenommen. Früher waren die Frauen noch an 33 von 54 Wochenenden zu Hause, jetzt sind es nur noch 23. Da bleibt kaum noch Zeit für regenerative Phasen, die im Judo auch sehr wichtig sind, und gar keine Zeit mehr zum Aufbautraining im Heimatverein.“
Auch Olympiasiegerin Yvonne Bönisch ist nicht angetan vom Bundesliga-Startverbot der Europameisterschafts-Teilnehmerinnen. „Es ist traurig, dass die Mädels nun nicht kämpfen dürfen“, sagt die 29-Jährige, die jetzt Trainerin der UJKC- Frauenmannschaft ist, aber auch noch für die Bundesliga gemeldet ist. „Ich will nur noch im Notfall einspringen, ansonsten sollen sich unsere jungen und die anderen erfahrenen Leute beweisen“, erklärt sie. „Ich sehe meine Aufgabe jetzt vorrangig als Trainerin.“ Derzeit absolviert Bönisch an der Trainerakademie des Deutschen Olympischen Sportbundes in Köln ihre Diplom-Trainer-Ausbildung, die für sie im Mai 2012 enden soll und die sportart- übergreifend ist. „In meinem Kurs“, erzählt sie, „haben wir Trainer aus elf verschiedenen Sportarten – beispielsweise auch aus dem Boxen, Ringen, Bobsport, Rodeln, Biathlon und Skispringen.“
Aus ihrer eigenen sportlichen Erfahrung kann die erste und bislang einzige deutsche Judo-Olympiasiegerin der Entscheidung Michael Bazynskis wenig abgewinnen. „Ich habe früher die Bundesliga als Einstimmung für die großen Wettkämpfe genutzt. Da konnte man oft nochmal unter Wettkampfbedingungen bestimmte Dinge testen“, meint sie. Für die beiden Auftakt-Kämpfe am Samstag müsse sie bei der Mannschaftsaufstellung „ein bisschen herumexperimentieren“, so Yvonne Bönisch. „Wir stecken den Kopf aber trotz des Startverbots für Claudia und Franziska nicht in den Sand und wollen in Witten trotzdem beide Duelle gewinnen.“ Schließlich habe der UJKC auch ein gewisses Anspruchsdenken. In den vergangenen fünf Jahren wurden die Potsdamerinnen dreimal Deutscher Mannschaftsmeister, 2009 unterlagen sie erst im letzten Finalkampf um Gold in der Verlängerung der PSG Dynamo Brandenburg.
„In diesem Jahr können wir vorab kein Saisonziel festlegen, denn durch den DJB sind unsere eigenen Einflussmöglichkeiten auf die Mannschaftsaufstellung in der Frauen-Bundesliga stark eingeschränkt“, meint Potsdams Chefcoach. Der außerdem beim Bundesliga-Ausschuss noch um die Startgenehmigung für seine beiden Neuzugänge Ewa Konieczny aus Polen und Charline van Snick aus Belgien, die sich beim UJKC angemeldet haben, kämpfen muss. Axel Kirchner hat es nicht leicht.
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