Landeshauptstadt: Verbrannte Nachbarschaft
Nach dem Feuer in der Internationalen Grundschule wehren sich die Anwohner gegen Verdächtigungen
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Babelsberg - „Hau“n Sie bloß ab.“ Die beiden Männer, die in T-Shirts auf einem Grundstück in der August-Bier-Straße in Babelsberg arbeiten, lassen nicht mit sich reden. In ihrer Straße ist am Dienstag die Internationale Grundschule fast völlig niedergebrannt. Vorsätzliche Brandstiftung sei es gewesen, sagt die Polizei. Und es gibt Leute, die sich vorstellen können, dass die Täter Nachbarn waren, die sich von der Schule gestört fühlten.
Eine Ausnahme ist Kriminalkommissarin Ina Thieme. Sie glaube nicht, dass es die Anwohner waren. In die Zuständigkeit der Sachbereichsleiterin Brände fällt die jetzt gegründete Gruppe zur Ermittlung des Schulbrandens. Die Anwohner hätten sich mit legalen Mitteln wie Unterschriftensammlungen oder auch Briefen an die zuständigen Behörden gegen Lärmbelästigung und den geplanten Einzug einer Kita am Standort August-Bier-Straße zur Wehr gesetzt. „Wer einen Brand in der Nachbarschaft legt, muss damit rechnen, dass das Feuer auch auf das eigene Grundstück übergreifen kann“, erklärte die Hauptkommissarin. Und das wolle doch niemand.
Für die Schulgeschäftsführerin Heike Dietzel aber war die Sache schon kurz nach dem Brand am Montagmorgen, bei dem ein Schulgebäude komplett niederbrannte, klar: „Da hat jemand ganze Arbeit geleistet.“ Und sie schließe nicht aus, dass die Nachbarn hinter der Tat steckten. „Wir werden alle als Brandstifter abgestempelt“, sagte einer der Männer von Gegenüber. Das scheint ein wenig übertrieben, aber viele Anwohner haben die Äußerungen von Heike Dietzel so interpretiert. Dabei hatte die Geschäftsführerin der Internationalen Grundschule niemanden beschuldigt, sondern nach dem Brand lediglich berichtet, dass von einer guten oder auch nur normalen Nachbarschaft hier keine Rede sein konnte. Immer wieder hätten sich Anwohner über den Lärm in der vor zwei Jahren eröffneten Privatschule beschwert. Schon mehrfach habe es in der Vergangenheit gebrannt, Autoreifen seien zerstochen und ein Trampolin zerstört worden.
Am frühen Montag waren erneut Täter über den flachen Zaun geklettert und hatten Spielgeräte, darunter auch Autoreifen, die unter einem Schleppdach standen, angezündet. Das Feuer war auf den nebenstehenden Flachbau übergesprungen, die Flammen hatten sich einen Weg zwischen Holzstützen und Dachpappe gebahnt und schließlich das Gebäude zerstört. Das sei alles sehr leise von statten gegangen, schilderte Hauptkommissarin Thieme. Darum hätten auch viele der Nachbarn den Brand erst bemerkt, als die Feuerwehr anrückte. Heinz Kretschmar hat früher gegenüber der Schule gewohnt. „Das haben die Nachbarn bestimmt nicht getan“, sagte der 78-Jährige.
Vor dem Tor zur Schule bremsen zwei kleine Mädchen mit roten Helmen und hellen Sommerkleidchen ihre Fahrräder. Ein älterer Herr folgt ihnen: „Man kann nicht mehr rein, Opa“, sagt die siebenjährige Lilly. Sie hat ihr Zeugnis wegen der Zerstörung der Schule gestern an einem anderen Ort erhalten und erzählt ganz aufgeregt, wie ihre Lehrerin am Dienstagmorgen anrief und vom Brand berichtete. Lillys Schwester Friederike, die sich selbst lieber Fritzi nennt, nickt eifrig. Sie kommt im August in die Schule, die dann – wie schon länger geplant – an einen anderen Standort gezogen sein wird. Es sei eine gute, bilinguale Schule, die sich an der Montessori-Pädagogik orientiere, sagt der Großvater. Deshalb kommen Lilly und Fritzi aus Berlin hierher. Allerdings hätten ihm die Eltern seiner Enkel berichtet, dass die Anwohner nicht erfreut über die Kinder gewesen seien, erzählt der Großvater. Da hätte es auch schon mal Kratzer an Autos gegeben oder es seien böse Bemerkungen gefallen.
„Der blanke Hass ist uns entgegengeschlagen“, sagt Geschäftsführerin Heike Dietzel. „Die Lehrerinnen wurden beschimpft, und Siegfried Reinsch, ein benachbarter Pensionsbesitzer, hat allen Ernstes vorgeschlagen, wir sollten doch behinderte Kinder aufnehmen, weil die nicht so viel Lärm machen.“
Reinsch betreibt die Apart-Pension Babelsberg. Seine Frau Marion schüttelt den Kopf: „Ich habe nicht schlafen können, so empört war ich darüber, dass man uns und andere Anwohner verdächtigt“, sagt sie. „Natürlich war es manchmal laut, die bringen den Kindern ja wenig Normen bei. Aber wirklich aufgeregt haben sich unsere Gäste nur einmal, als um 5.30 Uhr ein Trommelwirbel aus der Schule ertönte. Ja, da haben wir uns beschwert. Aber wir würden nie ein Feuer legen. Außerdem war doch klar, dass die Schule schließt.“
Allerdings sollte dafür eine Kita eingerichtet werden. Vielleicht habe das jemanden gestört, heißt es in Ermittlerkreisen.
Hinweise zu verdächtigen Personen nimmt die Polizei unter Tel.: (0331) 55 08 12 24 bis -26 entgegen.
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