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Landeshauptstadt: Verdoppelt: Zahl der Straftaten wegen Drogen

Polizei registrierte bereits 185 Fälle / Ein Viertel der Tatverdächtigen ist zwischen 14 und 18 Jahre alt

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Die Zahl der Drogendelikte in Potsdam hat sich nahezu verdoppelt: In den ersten fünf Monaten des Jahres 2006 habe die Polizei einen deutlichen Anstieg verzeichnet. Dies bestätigte Polizeisprecherin Angelika Christen auf PNN-Anfrage. Danach seien bis zum Stichtag 31. Mai 185 Straftaten in Zusammenhang mit Drogen aufgeklärt worden. Im Vorjahr lag die Zahl im Vergleichszeitraum bei 99. „Aus diesen Zahlen darf aber nicht geschlossen werden, dass mehr Drogen im Umlauf sind: Je stärker wir kontrollieren, desto öfter finden wir Delikte“, erläuterte Christen. Im Zusammenhang mit Drogen gäbe es „fast nie“ Anzeigen gegen bestimmte Personen – die Polizei müsse diese Straftaten selbst aufspüren: „Die Zahl der Ermittlungserfolge stellt das aufgehellte Dunkelfeld dar.“

Mit 41 Personen sind rund ein Viertel aller Tatverdächtigen bei Drogendelikten zwischen 14 und 18 Jahren alt. „Wir gehen davon aus, dass gerade bei Haschisch in Potsdam das Alter der Erstkonsumenten inzwischen bei zwölf bis 13 Jahren liegt – dies ist aber auch als bundesweiter Trend feststellbar“, so Christen. Führend in der Statistik sind die Straftaten im Zusammenhang mit Cannabis – 106 solcher Fälle seien 2006 bisher gemeldet worden. 2005 waren es im gleichen Zeitraum noch 58. An zweiter Stelle stünden Delikte in Verbindung mit Amphetaminen wie Speed, so Christen. Kokain würde dagegen nur eine „marginale Rolle“ spielen: 2005 wurden vier Fälle gemeldet, 2006 fünf Fälle.

Allerdings gehen Experten bei Kokain von einer erheblichen Dunkelziffer aus. „Wir haben den Eindruck, dass sich gerade diese Droge auch in Potsdam zunehmen verbreitet – und zwar in allen gesellschaftlichen Schichten, auch den höheren“, sagt Frank Prinz-Schubert vom Verein Chill Out, der von der Stadt mit der Suchtprävention beauftragt ist. Laut Prinz-Schubert ist Kokain zwar immer noch „keine Droge für Arme“. Doch der zunehmende Konsum sei bundesweit ähnlich und durch aktuelle Studien über Kokainspuren in deutschen Flüssen oder frühere Recherchen über Rückstände der Droge auf den Toiletten des Bundestags belegbar. „Allerdings gibt es für Potsdam keine genauen Statistiken über den Kokainkonsum. Unsere Informationen kommen aus Geschichten, die wir durch unsere Arbeit hören“, so Prinz-Schubert. Ebenso würde Kokain in bestimmten Jugendszenen gezielt zusammen mit Alkohol konsumiert. „Durch so ein Gemisch wird das Schmerzempfinden gesenkt und das Aggressionspotenzial gesteigert“, sagt der Experte. Nach der Einnahme würden sich die Nutzer „unbesiegbar“ fühlen.

Auch vor der tödlichen Messerstecherei in der Nacht zum 17. Juni in der Charlottenstraße sollen Beteiligte laut Zeugenberichten ein Gemisch aus Alkohol und Kokain zu sich genommen haben. Die genauen Befunde stehen laut Staatsanwaltschaft Potsdam aber noch nicht fest. Allerdings sei das Opfer David F. vor seinem Tod „mittelschwer“ alkoholisiert gewesen. In Ermittlerkreisen wird von rund 1,3 Promille ausgegangen. Bei dem möglichen Täter, der zurzeit wegen des Verdachts auf Totschlag im Gefängnis sitzt, konnte kein Alkohol mehr festgestellt werden – weil er sich erst am Abend nach der Tat im Polizeirevier gemeldet hatte, wie es bei der Staatsanwaltschaft heißt.Henri Kramer

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