Landeshauptstadt: Verführung auf unbekannten Pfaden
Der neue Rundgang „Auf der Suche nach dem Paradies“ durch Sanssouci bietet dem Besucher Erkenntnisse rund um den Park und seine Sehenswürdigkeiten
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Sanft wiegt sich das lange Gras hin und her. Wie ein weites grünes Meer sieht es aus, das hier und da ein paar Inseln in Form von Bänken einschließt. Irgendwo am anderen Ufer erstreckt sich ein großes Beet. Kürbisse und Zucchinis stecken dort schon ihre Köpfe raus und vermitteln den Eindruck eines romantischen italienischen Landgutes.
Genau das wollte Friedrich Wilhelm IV. auch erreichen, als er die Römischen Bäder in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Park Sanssouci erbauen ließ. Seine Italiensehnsucht wird nun im Rahmen der diesjährigen Open-Air-Ausstellung „Paradiesapfel“ in Szene gesetzt. In Ergänzung zu der Ausstellung bietet der Potsdam Tourismus Service nun den geführten Rundgang „Auf der Suche nach dem Paradies“ an, der den Gästen die Möglichkeit geben soll, den Park neu für sich zu entdecken. Er findet von Mai bis Oktober 2014 an jedem zweiten und vierten Sonntag um 11 Uhr statt.
Gestartet wird am Neuen Palais, das als erstes Beispiel für die Inszenierungslust Friedrich II. vorgestellt wird. „Interessant hierbei ist, dass er den Platz zwischen dem Palais und den Wirtschaftsgebäuden bewusst flach gehalten hat“, erzählt Wolfgang Eisert, Mitarbeiter von Potsdam Tourismus. „Ein totaler Gegensatz zu den sonstigen Wiesen im Park.“ Da der Platz aber auch als Exerzierplatz diente, sei das ja auch nachvollziehbar, wie er ergänzte.
Während Eisert viel zur historischen Bedeutung der Gebäude erläutert, geht es auf dem großen Weg weiter am Palais vorbei. Rote Informationspunkte und -steine geben dabei weitere Denkanstöße, die in der Führung auch näher erklärt werden können.
Am anderen Ende des Weges angekommen lenkt Eisert die Aufmerksamkeit auf die kleine Brücke am Ausgangstor. „Darüber wundern sich die Besucher oft, denn sie ergibt ja nicht wirklich viel Sinn“, sagt er. „Doch früher befand sich dort ein Wassergraben, der als Transportweg diente.“ Er sei unter anderem deswegen zugeschüttet worden, weil er irgendwann furchtbar gestunken habe.
Eine Tatsache, die sicherlich auch die Besucher des Heckentheaters gestört hätte, das sich links neben dem Neuen Palais befand und nun wieder rekonstruiert wurde. Hinter der grünen, dicht bewachsenen Hecke reihen sich lauschig-romantisch ein paar Stühle aneinander und richten den Blick auf eine erhöhte Wiesenbühne. „Das ist typisch Rokoko“, sagt Eisert. „Ein wunderbares Beispiel für die Nutzung der Natur als Kulisse.“ Im Zuge der Ausstellung seien wohl auch vereinzelte Theateraufführungen im Freien geplant, wie er verrät. „Das unterstützt dann nicht nur die kulturelle Bildung, sondern erhält auch die ortsansässigen Mücken am Leben“, meint er schmunzelnd.
Kulturelle Bildung vermittelt auch das Figurenrondell hinter dem Neuen Palais, das ursprünglich 17 antike Skulpturen beherbergte. Zurzeit seien aber zwei von ihnem zur Restauration im Depot, wie Eiselt erklärt. „Schon früher zur Zeit der Industralisierung mussten die Figuren aufgrund der schlechten Luft ab und an saniert werden“, führt er weiter aus. „Heute haben wir eher mit Moosen und Pilzen zu kämpfen.“
Um die Besucher des Parks auch auf diesen Aspekt aufmerksam zu machen, steht ein knallrotes Holzaus neben den Figuren. Es soll an die Einhäusung der Figuren im Winter erinnern und auch daran, dass die Erhaltung des Parks viel Arbeit einnimmt.
Vor allem können die Parkbesucher hier aber ihr Wissen über die Antike unter Beweis stellen und die dargestellten Figuren anhand ihrer mitgeführten Attribute zu identifizieren. „Zu Zeiten von Friedrich II. war es selbstverständlich, solche Dinge zu wissen“, so Eisert. „Die Antike war allgegenwertig.“
Genauso wie die Inszenierung der Natur, wie die Suche nach dem Paradies deutlich zeigt. Der sogenannte Theaterweg – der kürzeste Weg vom Schloss Charlottenhof zum Schlosstheater am Neuen Palais – führt die Besucher vorbei an stattlichen Baumgruppen und mitten hinein in das grüne Wiesenmeer. Dabei entsteht mehr der Eindruck eines wildwuchernden Waldes, als eines angelegten Parks. Doch das täuscht, wie Eisert erklärt: „Der ganze Park ist streng nach Plan angelegt, soll aber ganz klar diesen natürlichen Eindruck vermitteln.“ Die Planung ginge sogar so weit, dass man abgestorbene Bäume gefällt, den Stumpf angebort und einen neuen Baum direkt dort hineingepflanzt hätte. „Somit entstand keine Lücke und die Ordnung blieb bestehen“, sagt Eisert. „Schließlich ging es auch um die perfekte Abwechslung von Licht- und Schattenplätzen.“
Am Wegesrand stehen rote Rahmen, die auf bestimmte Sehenswürdigkeiten des Parks aufmerksam machen, auch wenn man diese oft nur in der Ferne erahnen kann. So auch die Römischen Bäder, die mit den neu angelegten Beeten den Endpunkt des Rundganges darstellen.
Die Suche nach dem Paradies ist hier allerdings noch nicht vorbei: Im Hofgärtnerhaus der Römischen Bäder verführt die Ausstellung „Von Landschaftszimmern und Blumenkammern. Der Garten im Innenraum 1740-1860“ noch einmal mit Inszenierungstaktiken. Gleich daneben kann man sich im Café Eden – links neben den Römischen Bädern – mit Kaffee und Kuchen auch noch kulinarisch verwöhnen lassen.
Spätestens dann wird wohl jeder das Paradies gefunden haben.
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