Aus dem GERICHTSSAAL: Vergewaltigung vorgetäuscht Turbulenzen im Imbiss / Hausverbot ignoriert
Am zweiten Verhandlungstag bricht Hikmet Y.* (37) schließlich sein Schweigen.
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Am zweiten Verhandlungstag bricht Hikmet Y.* (37) schließlich sein Schweigen. Im Auftrag seines Mandanten verliest Rechtsanwalt Volker Wiedersberg eine Erklärung, die die Hintergründe einer turbulenten Imbiss-Auseinandersetzung in der Waldstadt erhellt. Laut Staatsanwaltschaft soll Hikmet Y. einem Gast kurz vor Mitternacht des 25. Juni 2005 einen Holzstuhl dermaßen heftig über Kopf und Rücken geschlagen haben, dass das Sitzmöbel zerbrach. Das Opfer Ernst E.* (52) erlitt laut eigener Aussage eine geprellte Schulter und eine blutende Wunde am Ohr. Beim Arzt war der Mann allerdings nicht, erstattete jedoch Strafanzeige gegen den türkischen Imbiss-Angestellten.
Im Zeugenstand kann sich der in Lederweste und Cowboystiefel Gekleidete nicht erklären, wieso die Situation in jener Nacht eskalierte. „Ich war mit meiner Frau im Imbiss. Wir haben Bier getrunken und uns gestritten. Meine Frau ist dann gegangen.“ Plötzlich – so Ernst E. – sei sie völlig aufgelöst zurückgestürmt, habe berichtet, einer der Angestellten habe versucht, sie auf dem Heimweg zu vergewaltigen. Nachdem die Polizei gerufen wurde, die Beamten mit der Gattin und dem vermeintlichen Täter zum Präsidium unterwegs waren, habe Hikmet Y. ihm plötzlich erklärt, er habe im Imbiss nichts zu suchen. „Dann drosch er mir den Stuhl über den Kopf.“ „Hatten Sie oder Ihre Frau Hausverbot?“, hakt Amtsrichter Wolfgang Peters nach. Der offenbar Alkoholgewöhnte schüttelt den Kopf. „Früher gabs öfter mal eins. Aber dann haben wir uns immer entschuldigt und durften wieder rein.“
„Das Ehepaar E. hatte dauerndes Hausverbot im Imbiss. Das hinderte es aber nicht daran wiederzukommen“, so Rechtsanwalt Wiedersberg am gestrigen Prozesstag. In der betreffenden Nacht habe Ernst E. Kollegen seines Mandanten bezichtigt, seine Frau vergewaltigt zu haben, was sich als pure Erfindung herausstellte. Er habe die Angestellten als Zigeuner beschimpft und gedroht, die Gaststätte abzufackeln. Damit Ruhe einkehre, habe Hikmet Y. versucht, den Wütenden ins Freie zu schieben. Der sei allerdings handgreiflich geworden, habe ihn an der Kehle gepackt. Um Ernst E. abzuwehren, habe der Angeklagte daraufhin einen morschen Stuhl ergriffen, dem stark Betrunkenen damit einen leichten Schlag auf den Rücken versetzt. „Als Gaststättenmitarbeiter hat man gewisse Rechte, ein Hausverbot durchzusetzen. Man hat aber kein Recht auf Selbstjustiz“, gibt der Vorsitzende zu bedenken, stellt dann allerdings das Verfahren gegen Hikmet Y. im Hinblick auf eine demnächst zu erwartende Verurteilung wegen Hehlerei ein. (*Namen geändert.) Hoga
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