Landeshauptstadt: Vergitterter Himmel
Filmprojekt der Freien Waldorfschule Potsdam: „Widerständige Jugend in der ehemaligen DDR“
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„Wenn die Tür zugeht, lebst du nicht mehr.“ Mario Falcke, ehemaliger Stasi-Untersuchungshäftling, schildert das Gefühl der Einzelhaft – dokumentiert von den Schülern der Freien Waldorfschule. Das Ergebnis ihres Filmprojekts „Widerständige Jugend in der ehemaligen DDR“ führten sie am Freitag vor. Eltern, Lehrer und Schüler saßen in dem abgedunkelten Raum. Unter ihnen auch Mario Falcke.
Er ist einer der „Zeitzeugen“, die sich für das Schulprojekt zur Verfügung gestellt hatten. Unter Anleitung der Geschichtslehrerin Sibylla Hesse arbeiteten 14 Schüler der zehnten bis zwölften Klassenstufe sieben Wochen lang zu dem Thema „feindlich-negativer“ Jugendlicher in der ehemaligen DDR. Am Anfang stand hierbei ein Besuch im ehemaligen Stasi-Untersuchungsgefängnis in der Lindenstraße 54, das heute als Gedenkstätte und Projektwerkstatt dient. Vermittelt durch die Leiterin der Gedenkstätte, Catrin Eich, kamen die Schüler mit ehemaligen Häftlingen in Kontakt. Aus den Treffen entstand ein fünfzigminütiger Dokumentarfilm.
Mario Falcke war 21, als er ins Visier der Stasi geriet – der Vorwurf: „Kontaktaufnahme mit fremden Mächten“, da er die US-Botschaft besuchen wollte. Ein anderer Zeitzeuge, Dieter Drewitz, wurde mit 18 Jahren festgenommen, nachdem er eine Polizeiwache in Wolgast fotografiert hatte. Am Tag seiner Verhaftung, dem 13. August 1961, begann man mit dem Bau der Berliner Mauer.
Die jungen Filmer konzentrierten sich auf die Verhältnisse im Stasi-Gefängnis. Die Kamera führt in die beengte Zelle, zeigt den vergitterten Himmel. Falcke erzählt von seinen Selbstmordgedanken. Die schildert auch Dieter Drewitz. Das Schlimmste sei die Isolation, das Ausgeliefertsein. Unverholen habe man ihm bei der Vernehmung gesagt, man werde seine „Persönlichkeit zerstören“, so Falcke, der bis heute an den Folgen der Haft leidet.
Der Film hat Spuren hinterlassen, wie die Diskussion im Anschluss zeigte. Nach den Zeitzeugengesprächen habe er „sein Umfeld hinterfragt“, sagte der 17-jährige Benjamin Waldner. Lisa Zander, auch 17, wurde durch ihre Begegnung „sehr nachdenklich“. Jugend in der DDR werde oft so dargestellt: „Ich war jung und verliebt“ – eine Sichtweise, mit der sich auch „widerständige“ Jugendliche über manches hinwegtäuschten. CG
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