Von Richard Rabensaat: Verheißung oder Sackgasse
CCS spaltet die Gemüter: Auf einem Klimakongress in Berlin wurden die Perspektiven der Technologie zur unterirdischen CO2-Speicherung diskutiert
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Die Technologie soll den Kohlestrom sauber machen, ist aber nach wie vor heftig umstritten: Die Rede ist von der Abscheidung und unterirdischen Speicherung des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2), das sogenannte Carbon Capture and Storage (CCS), wie es das Potsdamer GeoForschungsZentrum (GFZ) bereits seit 2008 in einer Versuchsanlage in Ketzin testet. Unterstützung für die Technologie kam jetzt von EU-Energie-Kommissar Günther Oettinger (PNN berichteten). Bei einem Klimakongress in Berlin, zu der das „Informationszentrum für Co2-Technologien“ eingeladen hatte, forderte er ein Bundesgesetz zur CCS-Erprobung und lobte die Entscheidung der brandenburgischen Landesregierung, an der CCS-Erkundung festzuhalten. Es kam zum lebhaften Dialog zwischen dem Podium und Gästen.
Die CCS-Technologie – so die Befürworter – kann nicht nur bei der Energiegewinnung, sondern auch bei energieintensiven Prozessen wie der Stahl- oder Betonproduktion Anwendung finden. So könnte der weltweite Kohlendioxidausstoß vermindert werden, was letztlich dem Klima zugute komme, erklärte etwa Ralf Christoffers (Die Linke), der brandenburgische Minister für Wirtschaft und Europaangelegenheiten. Im Interesse des Klimas sei es wichtig, die Option für die CCS-Nutzung zu erforschen. Auch Oettinger lenkte das Augenmerk immer wieder auf den globalen Klimawandel und die Möglichkeiten, die CCS-Technologie weltweit zu vermarkten.
Mit dieser globalen Perspektive mochte sich Frank Steffen, der Bürgermeister von Beeskow, allerdings nicht so recht anfreunden. Seine Gemeinde ist einer der Standorte, deren unterirdische Gesteinsschichten im Hinblick darauf sondiert werden sollen, ob sich dort massenhaft und sicher Kohlendioxid verpressen lässt. Nachdem das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe dem Energiekonzern Vattenfall die Genehmigung für entsprechende Untersuchungen erteilt hatte, legte die Gemeinde dagegen Widerspruch ein. Es verwundere ihn schon, dass in der CCS-Technologie gemäß den Verheißungen der forschenden Energiekonzerne ein erheblicher Teil der Lösung der Klimaproblematik liegen soll, so Steffen. Schließlich sei die Technik noch nicht anwendungsreif.
Diese Skepsis mochte Michael Kühn, der Leiter des GFZ-Anlage in Ketzin, nicht teilen: „In Ketzin haben wir 47 000 Tonnen CO2 bereits sicher eingebracht“; erklärte er. Das sei zwar im Vergleich zu den zwölf Millionen Tonnen, die allein das Braunkohlekraftwerk „Schwarze Pumpe“ im brandenburgischen Spremberg jedes Jahr produziere, eine eher geringe Menge, räumte er ein. Es zeige aber doch, dass es sinnvoll sei, die Technologie weiter zu erforschen.
Es sei notwendig, zunächst einmal gründlich die geologischen Voraussetzung der Ablagerung zu erforschen, betonte wiederum Klaus Freytag, der Präsident des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg: „Wir kennen zwar die Garagen für das Gas, wissen aber noch nicht, was sich im Detail im Untergrund abspielt.“ Freytag betonte zudem, dass längst nicht alle Probleme bei der Verpressung gelöst seien. Zuvor hatte Kühn detailliert geschildert, wie das Gas in Lastern oder durch eine Leitung zur Lagerstätte angeliefert und dann durch zuvor genau untersuchte Stollen unter absichernde Erdschichten verpresst werden soll.
Genau da liegen allerdings auch die Probleme, die Umweltorganisationen wie Greenpeace sehen. Denn Kohlendioxid ist schwerer als Luft und geruchsfrei. Es kann sich in Senken sammeln und sogar einen Menschen töten, wenn es unkontrolliert austritt. Diese Perspektive stößt bei den Gemeinden, die gegenwärtig für eine CCS-Erprobung vorgesehen sind, auf wenig Begeisterung.
Während Oettinger betonte, dass in China derzeit mindestens 30 Kohlekraftwerke gebaut würden, denen deutsche Ingenieure die CCS-Technologie verkaufen könnten, mochte Olaf Bandt vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) dieser Argumentation nicht folgen. Gutachten hätten ergeben, dass die Speichermöglichkeiten in Deutschland ohnehin nur für 27 Jahre reichen würden, das Problem mit dem verpressten Gas aber bliebe die kommenden Jahrhunderte präsent. CCS sei energiepolitisch eine Sackgasse. Zudem könnte man China genauso gut Technologie für erneuerbare Energien verkaufen, statt mit der Kohleverstromung auf eine überholte Technik zu setzten, so Bandt.
Dass die Zukunft von Brandenburg nicht in der Kohleverstromung liege, konstatierte auch Sabine Niels von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im brandenburgischen Landtag. Im Hinblick auf die geringe Akzeptanz der Technik und das Wahlergebnis in Baden-Württemberg betonte sie, dass die Bürger bei der Einführung einer neuen Technologie frühzeitig beteiligt werden müssten: „Viel Vertrauen ist dadurch kaputt gemacht worden, dass die Politik Diskussionen nicht rechtzeitig geführt hat.“
Richard Rabensaat
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