Landeshauptstadt: „Verhunzung der politischen Kultur“
Oberbürgermeister Jakobs kritisiert Stadtparlament für den Umgang mit dem Bürgerhaushalt
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Innenstadt - Harte Worte in Richtung Stadtparlament: Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hat den bisherigen Umgang der Stadtverordneten mit dem Bürgerhaushalt kritisiert. Die Bürgervorschläge, die als Ergebnis des Bürgerhaushalts-Verfahrens jedes Jahr den Stadtverordneten übergeben werden, würden vom Parlament nicht ernst genug genommen, sagte Jakobs in einer Diskussionsrunde zum Bürgerhaushalt am Dienstagabend in den Bahnhofspassagen. „Die Bürgervorschläge kommen immer fast zuletzt“, so Jakobs: „Das ist eine Verhunzung der politischen Kultur!“ Die Ergebnisse des Bürgerhaushalts müssten „offensiver diskutiert“ werden, auch in den Ausschüssen, forderte Jakobs: „Da ist mir bisher zu wenig Verbindlichkeit drin.“
Zumindest das letzte Resümee teilte der Oberbürgermeister mit vielen der rund 30 Potsdamer, die zu der Veranstaltung gekommen waren. Wie bereits in den Vorjahren wurde jedoch auch mehrfach der Wunsch nach einem festen Budget für den Bürgerhaushalt laut. Die Bürger fühlten sich „nicht ernst genommen“, kritisierte etwa ein Teilnehmer. Im fünften Jahr des Bürgerhaushalts-Projektes habe er den Eindruck, das Verfahren „tritt auf der Stelle“, es gebe keine methodischen Verbesserungen. Das Geld, das man aus dem Stadthaushalt in ein Budget für den Bürgerhaushalt abzweigen müsste, gehe der Stadt ja nicht verloren, betonte ein anderer Potsdamer.
Zumindest ein Budget für einzelne Stadtteile sei momentan im Gespräch, sagte Jakobs: „Wir sind in der Diskussion.“ Er halte einen Etat für den Bürgerhaushalt generell jedoch für kontraproduktiv: Das Projekt werde damit zu einer bloßen „Spielwiese“ der Bürger, mit der sich die Stadtverordneten wieder nicht befassen müssten – laut Jakobs wäre das eine „Entpolitisierung des Bürgerhaushalts“. Die „richtigen Entscheidungen“ würden nach wie vor nur vom Stadtparlament getroffen. Ziel des Bürgerhaushalts sei jedoch eine echte Beteiligung der Bürger: „Ich möchte eine Diskussionskultur zwischen Bürgern, Stadt und Politik.“
617 Vorschläge von etwa 300 Personen sind im diesjährigen Verfahren eingegangen, sagte Koordinatorin Sibylle Strotzer. Noch bis zum Sonntag dieser Woche können die Vorschläge erstmals gewertet werden – nur die Vorschläge, die dabei mindestens 15 Stimmen bekommen, kommen weiter in die nächste Runde. In der nächsten Woche dann tagt das Redaktionsteam und prüft, ob die Vorschläge überhaupt in den Zuständigkeitsbereich der Stadt fallen. Vom 22. August bis zum 9. Oktober geht es dann in die eigentliche Abstimmung. Die Top-20 der Bürgerwünsche werden dann der Stadtverordnetenversammlung übergeben.
Die Stadt will die Bürgerbeteiligung in Zukunft weiter ausbauen, wie Jakobs erklärte. So ist die Einrichtung eines Bürgerbeteiligungsbüros mit zwei Personalstellen geplant, auch in sozialen Netzwerken im Internet wie Facebook und Twitter will die Verwaltung aktiv werden (PNN berichteten). Zusätzlich zum Bürgerhaushalt soll es auch Stadtteilkonferenzen und Bürgerbefragungen geben. Damit soll die „Stimmungslage in der Stadt“ erfasst werden, so Jakobs. Denn: „Der größere Teil der Potsdamer äußert sich nicht.“ Jana Haase
www.potsdam.de/buergerhaushalt
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