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Deutschland im September 2013. Beim Derby mit dem FSV Babelsberg 74 zieht Iker Mártinez (Mitte, RSV Eintracht) den FSVern Thomas Wisniowski (l.) und Tim Wolff davon. Am 29. März steht das Rückspiel auf dem Programm. Im September hatte der RSV Eintracht den FSV mit 2:1 besiegt.

©  Jan Kuppert

Sport: Verlängerter Deutschkurs

Der spanische Fußballer Iker Mártinez will mit dem RSV Eintracht aufsteigen und fühlt sich auch sonst sehr wohl - wenn der Winter nicht wäre

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Wie fühlt sich ein spanischer Fußballer, wenn er im Winter in Potsdam Fußball spielen muss? „Es ist viel zu kalt“, sagte Iker Mártinez, als er im Januar mit seiner Mannschaft die Vorbereitung für die Rückrunde in der Landesliga begann. Der 29-Jährige kam vor eineinhalb Jahren aus seinem spanischen Heimatort Elgoibar im Norden Spaniens zum RSV Eintracht Teltow. Im ungewohnten Winter lief Mártinez ohne lange Unterhose auf. „Ich habe keine. Ich habe nicht einmal Handschuhe. Die musste ich mir auch von einem Kollegen borgen“, erzählt er. „Ich mag den Winter nicht, aber sonst fühle ich mich hier wohl“, sagt er.

In Spanien hat der studierte Mechaniker vor drei Jahren seinen Job verloren. Schon immer spielte er nebenbei Fußball, zuletzt sogar bei Beasain in der vierten spanischen Liga. Doch ohne Job sah áartinez keine Zukunft mehr in seinem Heimatland.

Seine Ankunft und sein Einsatz beim RSV in Stahnsdorf wurde von einigen Legenden begleitet, die Vereinschef Michael Grunwald heute noch schmunzeln lässt. „Bei der Konkurrenz hieß es, wir hätten 10 000 Euro bezahlt, um Mártinez zu uns zu holen“, erzählt er. Tatsächlich waren es freundschaftliche und verwandtschaftliche Beziehungen, die Mártinez’ Vater in Stahnsdorf hat und den 29-Jährigen hier landen ließen.

Und dabei ging es gar nicht ums Fußballspielen. Vielmehr sollte Iker Mártinez seine deutschen Sprachkenntnisse verbessern. „Mit gutem Deutsch würden sich auch wieder neue Türen für mich in Spanien öffnen“, erklärt er. Mártinez, der zuvor nie darüber nachgedacht hatte, ins Ausland zu gehen, nutzte die Chance und kam im August 2012 nach Deutschland.

„Das Leben hier in der Nähe von Berlin ist völlig anders als in meiner Heimat. Dort leben 11 000 Einwohner, hier wohne ich nahe einer Millionenstadt“, sagt er. Seine Mitspieler vom RSV haben ihm allerdings von Anfang an und besonders in der ersten Zeit sehr geholfen. Schließlich reichten Mártinez’ Sprachkenntnisse, die er sich ein Jahr zuvor in Spanien in einem Deutschkurs aneignete, für vieles nicht aus. Wann ist noch einmal Trainingsbeginn? Wo muss ich genau hin? Und selbst das Einkaufen fiel ihm anfangs schwer. Doch er hatte Glück: Mit Christian Amuri ist ein Mitspieler im Team, der ebenfalls Spanisch spricht. „Die erste Zeit hing ich quasi nur an seinem Rockzipfel“, erzählt Mártinez. Mittlerweile spricht er allerdings schon so gut Deutsch, dass er sich mit allen Mitspielern verständigen kann.

Nach seiner ersten Saison beim RSV Eintracht Teltow ging Mártinez im vergangenen Sommer zunächst zurück nach Spanien. Für die Verantwortlichen in Teltow war allerdings schnell klar, dass sie den offensiven Mittelfeldspieler weiterhin in ihren Reihen haben wollen. „Er ist ein sehr torgefährlicher Spieler und ein guter Vorbereiter“, sagt Trainer André Kather zu seinem Südländer. „Etwas undiszipliniert, aber mit seiner Erfahrung kann er uns auf jeden Fall helfen.“

So besorgten sie ihm einen Arbeitsplatz und eine Wohnung in Kleinmachnow und boten ihm ein weiteres Jahr beim RSV an. Mártinez kam wieder und bereitet sich derzeit mit den Teltowern auf die Rückrunde der Fußball-Landesliga vor. „Wir wollen aufsteigen“, sagt der offensive Mittelfeldspieler optimistisch. „Das ist unser Jahr.“ Mit zwei Punkten Rückstand steht der RSV hinter Spitzenreiter Ludwigsfelder FC auf dem zweiten Rang. „Die haben keine Chance“, gibt sich Mártinez selbstbewusst.

Ob er dann in der kommenden Saison, vielleicht in der Brandenburgliga, auch noch in Teltow kickt? „So lange es mir hier gut geht, bleibe ich. Aber wenn der Winter noch einmal zurückkehrt und wieder so lange wie im vergangenen Jahr anhält, kaufe ich mir noch eine lange Unterhose“, sagt der spanische Fußballer vom RSV Eintracht Teltow.

Ingmar Höfgen

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