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Würden sich wieder heiraten. Diamantenes Paar Ruth und Klaus Noetzel.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Verliebt im Lehrerzimmer

Ruth und Klaus Noetzel sind seit 1955 verheiratet

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Wo, wenn nicht in der Schule, lernt sich ein Lehrerehepaar kennen? Ruth Noetzel erinnert sich sofort: „Ich saß im Lehrerzimmer, Klaus kam rein und ich dachte – das ist ja ein hübscher junger Mann“. Das war 1952 in der Käthe-Kollwitz-Schule in Potsdam West. 1955 heirateten die beiden – und feierten am gestrigen Mittwoch Diamantene Hochzeit, zusammen mit Kindern und Enkeln. Nach dem Mittagessen ging es auf Tour mit Dampfer „Gustav“.

Früher waren ihnen Berge lieber. Als sie nach der Pensionierung Zeit zum Reisen hatten, ging es in die Dolomiten und die Alpen. Schöne Urlaube seien das gewesen, sagt sie. Heute ist Klaus Noetzel, 84 Jahre alt, nicht mehr so gut zu Fuß. „Wir haben den Balkon, das Fernsehen, die Kinder. Und uns“, sagt seine Frau. Sie würden sich immer wieder heiraten.

Es sei ein großes Glück, sagt ihr Mann, dass sie sich gefunden haben. Beide haben den Krieg miterlebt, Klaus flüchtete 1944 als Teenager mit Mutter und Bruder aus Ostpreußen. Mit einem Sonderzug zunächst nach Sachsen, dann umverteilt aufs Brandenburger Land. Das zahlt sich aus, als es um die Hochzeitsvorbereitungen geht. Die Mutter besorgt Hühner fürs Frikassee und anderes, was in der Stadt Mangelware ist. Für Anzugstoff und Schuhe bekommt Klaus einen Bezugsschein. Auch das Brautkleid ist selbst genäht.

Ruth Noetzel ist waschechte Potsdamerin. In der Bombennacht im April 1945 hat die Familie Glück, ihr Haus in der Berliner-Straße bleibt unzerstört. „Ich habe aber viele Trümmer in Potsdam weggeräumt“, sagt sie. Während Ruth Familie hat, ist Klaus in Potsdam, wohin man ihn entsendet, auf sich allein gestellt. Die Abteilung Volksbildung besorgt ihm ein Zimmerchen zur Untermiete. Mit seiner Ruth gehört er aber bald zu einer ganzen Freundestruppe, man trifft sich nach Feierabend, fährt mit der S-Bahn nach Berlin – noch fährt sie durch den Westteil – und geht in Ostberlin ins Kino oder in die Oper.

Später arbeiten sie an verschiedenen Schulen, er in der Beethovenschule in Babelsberg , sie in Waldstadt an der Seelenbinder-Schule. Dort unterrichtet sie zwei Jahre sogar ihre Tochter Andrea Wehrstedt. „Das war kein Problem, ich war gut in Mathe“, sagt diese. Geheiratet wird damals erst, nachdem beide ihre berufsbegleitende Ausbildung beendet haben. Die Trauung findet im Babelsberger Rathaus statt, anschließend geht es in die damals noch existierende Kirche des Wilhelmstifts in der Heinrich-Mann-Allee. Eine Wohnung bekommt das Ehepaar erst 1958. Dreieinhalb Zimmer mit Bad und Balkon in der Kunersdorfer Straße sind wie ein Hauptgewinn. Dafür mussten sie Anteile an die Genossenschaft zahlen und Aufbaustunden leisten. spy

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