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WIEDEMANN bildet: Verlieren wir die Kontrolle?

Nein, meine Überschrift meint nicht die unsäglichen Diskussionen um den Haushalt des Landes Brandenburg und auch nicht den Umstand, dass die Brandenburger Hochschulen erst vor ein paar Tagen einen bestätigten Haushalt für das Jahr 2010 erhalten haben!Meine Sorge um Verluste an Kontrolle im Bildungsbereich meint etwas anderes.

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Nein, meine Überschrift meint nicht die unsäglichen Diskussionen um den Haushalt des Landes Brandenburg und auch nicht den Umstand, dass die Brandenburger Hochschulen erst vor ein paar Tagen einen bestätigten Haushalt für das Jahr 2010 erhalten haben!

Meine Sorge um Verluste an Kontrolle im Bildungsbereich meint etwas anderes. Die Monatszeitschrift für Medienpädagogik merz titelt ihr aktuelles Heft mit: „Eltern im Abseits“ und meint die Kluft im Verständnis und im Gebrauch der neuen Medientechnologien zwischen den „Digital Natives“, also den Kindern und ihren Eltern, der so genannten Fernsehgeneration. Die Fernsehgeneration versteht die „Digital Natives“ nicht mehr, so lautet ein Fazit der Publikation. Als Vater erwachsener Kinder und Großvater eines fast dreijährigen Enkels gehöre ich altersmäßig allerdings der Printgeneration an, das heißt ich bin primär durch das Lesen von Büchern und Zeitungen sozialisiert. Dennoch komme ich mit dem Gebrauch der meisten neuen Medientechnologien ganz gut zurecht und wenn es Probleme gibt, frage ich meinen Sohn. Das tue ich übrigens seit mehr als zehn Jahren und habe damit auch kein Problem, dass ich nicht sofort weiß, warum mein E-Mail-Programm auf einmal nicht mehr so funktioniert, wie ich es gewöhnt bin oder warum die Menüführung meines Fotoapparates, meines Navigationsgerätes oder meines Handys jetzt anders funktioniert, als bei den Geräten davor? Ich will das nicht alles verstehen müssen, ich will die Geräte gebrauchen können und wenn etwas nicht funktioniert, Jemanden fragen können? Das betrifft natürlich auch meine Position als Hochschullehrer, wo ich den digitalen Workflow einer Filmproduktion auch nicht verstehen muss, um darüber mitreden zu können, wie und mit welchen filmkünstlerischen Mitteln eine gute Geschichte auch gut erzählt werden kann?

Also ist doch alles in Ordnung und meine Kolleginnen und Kollegen aus der Medienpädagogik wollten nur Panik machen? Leider nein: Es gibt derzeit eine Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen die zeigen, dass insbesondere Eltern mit erschwerten Lebensverhältnissen hinsichtlich des Mediengebrauchs ihrer Kinder im „Abseits“ stehen. Dies meint z.B. den Fernsehapparat oder die Spielkonsole als weitgehend ungeregelten „Parkplatz“ für kleine Kinder, das Handy als Prestigeobjekt für die etwas Größeren, sowie die unreglementierte Internetnutzung für die Teenager! Offenbar geben immer mehr Eltern den Wünschen ihrer Kinder nach bestimmten Medientechnologien einfach nach, weil sie ihre Ruhe haben wollen und/oder weil wir ihnen immer wieder sagen, dass neue Technologien Arbeitsplätze schaffen. Ich denke, dass unsere Gesellschaft eine grundsätzliche Verständigung über diese Fragen dringend benötigt, weil sonst nicht nur die technischen Geräte in den Kinderzimmern außer Kontrolle geraten. Und übrigens: Haben wir eigentlich in Potsdam genügend Angebote für Eltern, die hinsichtlich des Mediengebrauchs ihrer Kinder im „Abseits“ stehen?

Unser Autor Dieter Wiedemann ist seit zehn Jahren Präsident der Hochschule für Film und Fernsehen Babelsberg. Er hat zahlreiche Publikationen zu Film und Fernsehen sowie zur Aufarbeitung und Wertung des DEFA-Filmerbes und des DDR- Kinderfernsehens verfasst.

Dieter Wiedemann

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