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Links und rechts der Langen Brücke: Vermeidbarer Ärger

Henri Kramer über neue Baustellen und einen Dauerstreit

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Harte Zeiten für Autofahrer: Auf gleich sechs wichtigen Verkehrsadern der Stadt sollen demnächst umfangreiche Straßenbauarbeiten beginnen. Der erste Reflex als Autofahrer: Spinnen die jetzt total?! Will der Grünen-Verkehrsdezernent Matthias Klipp endgültig die autofreie Stadt Potsdam erzwingen, indem so viele Baustellen wie möglich das Fahren vermiesen? So einfach ist es freilich nicht. Zum ersten ist es eben so, dass Straßen, Schienen und Leitungen darunter irgendwann einmal repariert werden müssen – freiwillig werden solche Sanierungen von den zuständigen Unternehmen jedenfalls nicht durchgeführt. Das ist der nächste Punkt: Nicht die Stadt plant zentral alle Bauprojekte, sondern vor allem ihre kommunalen Unternehmen. Und dabei sind sowohl die Verkehrsbetriebe als auch die Stadtwerke, die für die meisten Großbaustellen verantwortlich sind, von ihren eigenen Investitionsbudgets abhängig, ebenso von den Genehmigungsbehörden. So kann es zu vielen Baustellen auf einmal kommen – das mag zwar ärgerlich sein, ist bis zu einem gewissen Grad aber unvermeidlich.

Ganz anders ist es bei dem Dauerstreit um die seit Frühjahr 2012 eingesetzten Pförtnerampeln, die bei erhöhten Luftschadstoffwerten an mehreren Einfallstraßen viel weniger Verkehr passieren lassen und damit vor allem aus Richtung Werder lange Staus produzieren. Anders als bei den neuen Baustellen hat die Stadt bei der Einführung dieser vom Land als Pilotprojekt mit 2,3 Millionen Euro geförderten Verkehrssteuerung schwere Fehler gemacht. So wurden die Umlandgemeinden nur auf Nachfrage über das Projekt informiert. Und die Beschwerden – etwa aus dem benachbarten Geltow, das erst jüngst zum anerkannten Erholungsort gekürt wurde und nun Dauerstaus ertragen muss – wurden von der Stadtverwaltung zurückgewiesen, zum Teil in arrogantem Ton. Das ist rücksichtslos. Denn Alternativen zum Dauerstau bietet die Stadt bislang nicht. Dabei wären bessere Bus- und Tram-Anbindungen zu bisher zu wenig genutzten Park- and-Ride-Plätzen oder billigere Jahrestickets für den Nahverkehr eine echte Geste gewesen, um genervten Autofahrern entgegenzukommen. Selbst beim Ausbau der Radwege bleibt die Stadt hinter ihren Plänen zurück. Doch eine angekündigte Mobilitätsagentur, die zumindest über Verkehrsalternativen beraten soll, wird erst nächstes Jahr ihre Arbeit aufnehmen. Viel zu spät. So eine sture Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand-Verkehrspolitik schadet dem Anliegen, möglichst viele Autofahrer zum Umstieg auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel zu bewegen – dafür werden in den kommenden Monaten maximal die Behinderungen durch die neuen Baustellen sorgen.

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