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Links und rechts der Langen Brücke: Verschobene Grausamkeit

Henri Kramer über geräuschlose Haushaltsverhandlungen in Potsdam

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Eigentlich müsste Potsdam sparen. Das sagen alle Experten, die sich regelmäßig mit der Haushaltslage der Stadt beschäftigen. Denn zwar sind in den vergangenen Jahren mehrfach Überschüsse in Millionenhöhe erwirtschaftet worden. Doch zugleich sinken in den nächsten Jahren die Zuweisungen des Landes, mit denen die Stadt neue Bauvorhaben bezahlen soll. Um diese Verluste auszugleichen, muss Potsdam künftig Überschüsse erwirtschaften – damit angesichts der steigenden Einwohnerzahlen neue Schulen, Kitas und andere Einrichtungen überhaupt noch entstehen können. Im Hintergrund steht dazu bereits jetzt ein Schuldenberg der Stadt, der vor etwa einem Jahr bei knapp 90 Millionen Euro lag, aktuellere Zahlen liegen nicht vor. Dazu kommen noch einmal 200 Millionen Euro Schulden, die der eigenständige Kommunale Immobilienservice angehäuft hat – die vielen sanierten Schulen und Kitas haben in Potsdam eben Geld gekostet.

Das Finanzproblem der Stadt ist also groß – und wird absehbar größer. Deswegen hatte Finanzdezernent Burkhard Exner (SPD) bereits im vergangenen Herbst eine Sparliste vorgelegt: Mit den darin vorgeschlagenen Maßnahmen sollte der Stadthaushalt um mehr als sechs Millionen Euro jährlich entlastet werden. Doch schon nach den ersten Beratungen der Rathauskooperation blieb nur wenig übrig: Eine Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes, die besonders Hausbesitzer getroffen hätte, war ebenso schnell wieder vom Tisch wie die Idee, die Zuschüsse für die freien Kulturträger zunächst einmal einzufrieren. Geblieben sind nur noch ein paar klägliche Einnahmen durch die vorgesehene Erhöhung der Hundesteuer und die Abschaffung des Begrüßungsgelds für Studenten. Doch echte Sparbrocken sind nicht absehbar.

Daher fällt nun auf, wie geräuschlos die Verhandlungen zum Potsdamer Haushalt bisher gelaufen sind, quasi hinter den Kulissen. Die Verhandlungspartner – im Wesentlichen die Stadtverwaltung und die Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW, Grünen und FDP – gaben öffentlich keine Wasserstandsmeldungen ab, auch auf Nachfrage waren die Antworten zur eigenen Position eher ausweichend. Daraus lässt sich schließen: Ein Jahr vor der Kommunalwahl haben sich die Partner offensichtlich darauf verständigt, das Potsdamer Wahlvolk mit vermeintlich unpopulären Entscheidungen nicht gegen sich aufzubringen. Daher passt es auch gut, dass nun gleich ein Doppelhaushalt beschlossen wird, der bis Ende 2014 Gültigkeit hat – da ist die Kommunalwahl längst gelaufen. Um die Grausamkeiten und Zumutungen müssen sich dann also die neu gewählten Stadtverordneten kümmern.

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