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Homepage: Versteckspiel

Ausstellung an der FH über Symbole und Codes von neonazistischen und rechtsextremen Gruppen

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Ihrem Namen wird die Ausstellung im Foyer der Fachhochschule am Alten Markt leider allzu gerecht. Wer etwa ausgehungert in die FH-Mensa eilt, wird die kleine, weder groß ausgeschilderte noch beleuchtete Schau leicht übersehen. Dabei ist die Botschaft vom „Versteckspiel“ zwar nicht unbedingt neu, dennoch ist sie alarmierend und aktuell: Sie widmet sich den Symbolen und Codes von neonazistischen und extrem rechten Gruppen.

Was ist schlimm, so ließe sich fragen, an einem Basketballtrikot mit der Rückennummer 88? Was könnte verwerflich sein, an einer knuddeligen Stoffkatze? Und warum sollte man sich hierzulande Gedanken über Jacken machen, die in Amerika millionenfach verkauft werden und dort niemanden stören?

Während traditionelle rechtsradikale Symbole aus Furcht vor strafrechtlicher Verfolgung heute eher die Ausnahme sind, tauchen im Alltag verstärkt Zeichen auf, die nur entschlüsselt ihre wahre Absicht verraten. So mag es zwar irgendwo einen Basketballspieler mit der Nummer 88 geben. Doch steht die „88“ eben auch für „Heil Hitler“, da das H der achte Buchstabe des Alphabets ist. Das Stoffkätzchen „Hägi“ verweist auf die Wikinger und somit auf nordischen Stammesdünkel. Und Bomberjacken der Firma „Alpha Industries“ sind in rechten Kreisen nicht nur deshalb beliebt, weil sie an sich schon ein brutales Image verbreiten und breite Schultern vortäuschen, sondern das Logo der Firma auch dem Zivilabzeichen der SA ähnelt.

Die von der „agentur für soziale perspektiven“ (Berlin) entwickelte Ausstellung möchte jedoch keinen umfassenden Überblick über die Dutzenden von einschlägigen Zahlenkombinationen und sämtliche in rechten Kreise beliebte Kleidermarken geben. Vielmehr macht sie auf jene „jugendkulturelle Codes“ aufmerksam, die in den vergangenen Jahren immer größere Verbreitung gefunden haben und direkt erkennbaren Abzeichen und Symbole den Rang abgelaufen haben. Sie, so das Fazit der Ausstellung, bedürfen der genaueren Betrachtung als die traditionellen Zeichen der Szene. Gefährlich ist die Entwicklung zudem, da sich auch „unpolitische“ Jugendliche solche Moden aneignen würden – und somit rechtes Image unbedacht zum Alltag werde.

Zusätzliche Schwierigkeiten bereitet, dass sich Neonazis vermehrt auch der Insignien anderer politischer Lager bedienen. So ist das traditionell eher in linken Kreisen übliche „Palästinensertuch“ mittlerweile auch in rechten Kreisen verbreitet. Das deutet einerseits auf eine Ablehnung des Staates Israel hin, andererseits geben sich Neonazis damit gern ein gewisses rebellisches Image: Nicht einmal die Glatze ist noch Pflicht, sogar die „Irokesenfrisur“ heute kein Tabu mehr. Das heißt auch, dass auf derartige Zeichen nur bedingt Verlass ist. Rote Schnürsenkel etwa sind in der einen Gegend Erkennungszeichen linker Jugendlicher, in einer anderen jedoch Merkmal des inzwischen verbotenen Neonazi-Netzwerks „Blood & Honour“. Dieses wird übrigens mit der Zahlenkombination „28“ abgekürzt. Vom 6. bis zum 9. Juni ist die Ausstellung an der Uni zu sehen, in der Mensa am Neuen Palais. Hoffentlich so, dass sie auch Studenten mit leerem Magen ins Auge fällt. Moritz Reininghaus

Moritz Reininghaus

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