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Landeshauptstadt: Versteckt zwischen Baum und Borke

Geocaching wird immer beliebter: Per GPS-Gerät lassen sich in Potsdam 300 Verstecke rund um das Stadtzentrum finden

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Ein Wäldchen irgendwo in Potsdam: Die zehnjährige Emma und ihr Vater Armin folgen einem schmalen Sandweg und schauen sich, das GPS–Gerät in der Hand, nach links und rechts um. Die beiden machen keinen normalen Spaziergang, so viel ist klar – sie suchen etwas. „Entfernung: 24 Meter“ zeigt das GPS-Gerät an, auf dessen Bildschirm eine kleine Karte mit Richtungsanzeige zu sehen ist. Ein paar Schritte weiter werden nur noch zwei Meter angezeigt – in der Nähe liegt ein auffälliger Baumstumpf. Nach kurzer Untersuchung zieht Emma triumphierend ein eckiges Objekt unter dem Stumpf hervor: Ein kleiner, wasserdichter Plastikbehälter – ein sogenannter „Geocache“ (wörtlich übersetzt „geheimes Erdversteck“).

Das sogenannte Geocaching ist seit seiner Entstehung im Jahr 2000 zu einem regelrechten Sport geworden, weltweit gibt es circa zwei Millionen Geocaches, davon rund 280 000 in Deutschland. Es handelt sich dabei um eine Art Schnitzeljagd mit GPS-Geräten: Jeder, der will, kann kleine Behälter an einem bestimmten Ort verstecken – häufig in natürlichen oder künstlichen Hohlräumen – und die GPS-Koordinaten dieses Ortes online stellen. Geocacher können dann anhand dieser Daten losziehen und versuchen, den Cache zu finden. „In Potsdam gibt es schätzungsweise 200 aktive Geocacher und etwa 300 Geocaches im Radius von fünf Kilometern um das Stadtzentrum“, sagt Armin Z., der dieses Hobby bereits seit sechs Jahren betreibt und Mitglied des Geocaching-Stammtischs Potsdam ist. Seinen vollen Namen möchte er nicht nennen, denn in der Geocaching-Szene gilt Verschwiegenheit eigentlich als oberstes Gebot; ein wesentlicher Reiz des Geocachings geht davon aus, mitten in der Öffentlichkeit ein geheimes Spiel zu spielen, das nur einige Eingeweihte als solches erkennen.

Ein weiterer Reiz besteht im Tauschen: Emma öffnet den Plastikbehälter und holt ein Logbuch, Plastikmünzen, kleine Spielfiguren, ein Kartenspiel und anderen Krimskrams heraus. „Einmal haben wir sogar eine große Kiste voller Brettspiele gefunden“, sagt sie. Prinzipiell darf sich jeder Finder Gegenstände aus dem Cache herausnehmen, solange er es durch etwas Gleichwertiges ersetzt.

Armin Z. geht etwa ein- bis zweimal pro Woche auf Geocache-Jagd. Aufmerksam geworden auf das Thema war er durch eine Talkshow mit dem Kabarettisten Bernhard Hoëcker, der 2007 ein Buch über Geocaching geschrieben hatte. „Damals gab es in der Stadt gerade mal zehn oder 20 Geocaches“, erinnert sich der Potsdamer. Für ihn sind Caches vor allem eine Möglichkeit, raus in die Natur zu kommen und besondere Plätze zu entdecken: „Normalerweise würde ich nicht so oft in den Wald gehen, aber durch das Geocaching bekommt man ein Ziel zum Wandern und kann viele schöne Orte finden.“ Seit 2009 treffen er und andere Geocacher sich beim Geocaching-Stammtisch Potsdam, an dessen Treffen sich bis zu 100 Personen beteiligen. Zudem kürt der Stammtisch jährlich den Potsdamer „Geocache des Jahres“ für besonders originelle Verstecke.

Seine Familie hat Armin Z. längst mit seinem Hobby angesteckt: „Ich mache am liebsten Nachtcaches, die sind am aufregendsten“, sagt Emma. Dabei geht es unter anderem um Caches mitten im Wald, deren genaue Position man nur durch das Anleuchten eines Reflektors sehen kann, der bei Tag gar nicht sichtbar wäre. „Klettercaches, wo man auf Bäume klettern muss, mag ich auch“, sagt Emma. Nicht immer ist es mit einem kleinen Spaziergang getan: Für manche Caches muss man Rätsel lösen, Hinweise decodieren oder einen Tauchgang machen. Vielfältig sind auch die Behälter: Vom Tresor bis zur zentimetergroßen Kapsel, die irgendwo per Magnet befestigt ist, ist alles möglich.

Um die Umwelt zu schonen, sollten Geocaches aber nicht vergraben sein, auch Spielplätze oder gefährliche Stellen – etwa an Bahngleisen – sind Tabu. Nicht verboten, aber von Armin Z. ungeliebt sind Geocaches in der Stadt: „Dort kann man natürlich beobachtet werden, was ich unangenehm finde – aber für manche ist das gerade der Reiz.“ Nicht-Geocacher werden in der Szene scherzhaft „Muggel“ genannt, nach der Bezeichnung für Nicht-Zauberer bei Harry Potter. „Das ist gar nicht abfällig gemeint“, betont Armin Z., „wichtig ist nur, dass die Caches nicht zufällig gefunden und aus Unwissenheit entfernt werden.“ Dafür liegt den meisten Caches eine Art Gebrauchsanweisung bei, die über den Charakter des Behälters aufklärt.

Beim Verstecken und Suchen von Geocaches sollten möglichst wenig „Muggel“ zusehen, denn für Nichteingeweihte kann Geocaching im Stadtraum schnell verdächtig aussehen: 2009 war im niedersächsischen Langenhagen sogar die Polizei eingeschritten, die einen Geocache-Behälter für ein Drogenversteck hielt. „Manchmal weiß man schon, wo ein Chache liegt, kommt aber nicht ran, weil überall Leute sind“, meint Emma. Auch deshalb zieht Armin Z. Natur-Geocaches vor. Dadurch habe er zu Hause und im Urlaub schon interessante Orte wie Höhlen oder Bergwerksstollen entdeckt. „Sachen, die in keinem Reiseführer stehen“, sagt Armin Z.

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