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Aus dem GERICHTSSAAL: Verwarnung, Arrest und Sozialstunden

Alkohol und Drogen ließen Hemmschwelle sinken

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Aus dem GERICHTSSAALAlkohol und Drogen ließen Hemmschwelle sinken Markus M.* (20) eignet sich wahrlich nicht zum Einbrecher. Zweimal versuchte der Wohnsitzlose, sich an fremdem Eigentum zu bereichern. Prompt wurde er auch zweimal auf frischer Tat ertappt. Jetzt musste sich der Ex-Fahrradkurier vor dem Jugendschöffengericht verantworten. In der Nacht des 2. Juli 2003 vernahm der Eigentümer eines Hauses im Lindengrund verdächtige Geräusche. Er schaute nach und stellte den Jugendlichen, der sich gerade eine Geldbörse mit 30 Euro in die Hosentasche gesteckt hatte. Bei dem „Bruch“ am 3. Januar 2004 in einen Umkleidecontainer des SC Grün-Weiß Golm war es allerdings noch heller Nachmittag. In aller Seelenruhe stellte Markus M. zwei Kästen Bier und einen Kasten Selters zum Abtransport bereit, brachte zuvor zwei Flaschen Wein in Sicherheit. „Der Täter konnte nach kurzer Verfolgung von einem Vereinsmitglied gestellt werden“, so der Staatsanwalt. „Als ich in das Haus eingestiegen bin, stand ich ziemlich unter Drogen“, berichtet Markus M. „Ich war in Golm bei einem Kumpel. Auf dem Rückweg habe ich das offene Fenster entdeckt.“ Als er in der Küche nach Brauchbarem suchte, sei er plötzlich vom Hausherrn überrascht worden. „Und bei dem Sportverein habe ich Fußbälle rumliegen sehen. Ich bin über den Zaun geklettert, um mir einen zu besorgen“, erinnert sich der Möchtegern-Dieb. Damit sich die Sache richtig lohne, sei ihm die Idee gekommen, auch noch die Getränke mitzunehmen. Weil er ohne festen Wohnsitz war, erließ die Ermittlungsbehörde Haftbefehl gegen den Einbrecher. Markus M. saß vier Wochen in der Jugendvollzugsanstalt Wulkow – keine schöne Sache, wie er kleinlaut berichtet. Ganz fremd war ihm die Zeit hinter Gittern allerdings nicht. Bislang vierfach wegen Diebstahls aufgefallen, wurde er zuletzt zu einer Woche Dauerarrest verurteilt. „Würden Sie heute nach Erwachsenenstrafrecht sanktioniert, erhielten Sie mindestens sechs Monate Freiheitsstrafe pro Einbruchsdiebstahl, gibt der Staatsanwalt zu bedenken. Doch Markus M. ist in seiner Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichzusetzen. Er lebt in den Tag hinein, kümmert sich weder um Beschäftigung noch um Wohnung, so die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe. Das Gericht verwarnt ihn. Darüber hinaus muss er 80 Stunden unentgeltlich arbeiten. Ronny R.* (21) sitzt wegen Beleidigung, Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und Bedrohung vor der Jugendrichterin. Auch er haust nach eigenen Angaben auf der Straße, trinkt Alkohol, konsumiert Drogen. Und das so exzessiv, dass er am 28. Juni 2003 in bedenklichem Zustand auf der Rettungsstelle des Ernst-von-Bergmann-Klinikums landete. Beim Blutabnehmen soll er einen Pfleger mit Ausdrücken weit unter der Gürtellinie beleidigt und sich wie wild gebärdet haben, die zu Hilfe gerufenen Polizisten mit dem Tode bedroht, als „korrupte Bullenschweine“ tituliert, sich vehement gegen das Anlegen von Hand- und Fußfesseln gewehrt haben. Ronny R. weiß davon nicht mehr viel. Vor Strafe schützt ihn das allerdings nicht. Der Staatsanwalt spricht von einer „geringen Toleranzschwelle des Angeklagten sowie spätpubertären Anwandlungen“. Er beantragt den Potsdamer, der mittlerweile „nur noch ein bisschen trinkt und etwas kifft“, zu verwarnen und ihn zwei Tage in den Arrest zu schicken. Das Jugendgericht verzichtet auf die Verwarnung, hält allerdings eine Woche Dauerarrest für angemessen. (*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga

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