Landeshauptstadt: Viel Geld – wenig Effekt
„Ich finde das Quatsch mit den Schienen“ – Disput über Verkehrskonzept bei den Linken
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Nauener Vorstadt – 172 Millionen Euro soll die Umsetzung des Verkehrskonzeptes bis zum Jahre 2025 für Potsdam kosten. Dirk Volkmann vom Bereich Stadtentwicklung zeigte auf einem Diskussionsabend der Linken am Mittwoch in der Alleestraße ein Kreisdiagramm: Die eine Hälfte des Kreises zeigt den Anteil der Verkehrsmittel heute und die andere im Jahre 2025. Auf den ersten Blick sieht es aus, als ändere sich fast nichts. Für den Autoverkehr dürften die Benzinpreise eine deutlichere Wirkung haben als die Verkehrsmaßnahmen. Volkmann prognostiziert eine Abnahme von neun Prozent.
Aus dem Publikum kommt Kritik: „Ich sehe, dass der öffentliche Personennahverkehr nur um ein Prozent zunimmt – und dafür wollen Sie 80 Millionen Euro investieren?“ Laut Konzept will Potsdam drei neue Tram-Linien bauen: durch die Großbeerenstraße zum Hauptbahnhof, zum Uni-Campus Golm und ins Nedlitzer Holz nach Norden. „Ich finde das Quatsch mit den Schienen“, sagt eine Diskussionsteilnehmerin zu den Großbeeren-Plänen.
Die Linke hatte „ihre“ Ministerin für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz Anita Tack für die Veranstaltung gewonnen. Tack kennt sich als Stadtverordnete und frühere Oberbürgermeister-Bewerberin in Potsdam bestens aus und zieht gegen die von CDU und SPD geplante Befragung über einen dritten Havelübergang zu Felde. „Wir haben vor allem Ziel- und Quellverkehr und nur sechs Prozent Durchgangsverkehr“, argumentierte sie. Damit könne niemand verantworten, einen dritten Havelübergang zu bauen. „Wir müssen uns was anderes einfallen lassen“, sagte die Ministerin und ist frohen Mutes, dass vom „Leitrechner“ im Landesumweltamt ab 15. April die richtigen Impulse ausgehen, um den Pendlerverkehr optimal zu steuern. Laut Volkmann gibt es täglich allein 26 000 Berlin-Pendler und 19 700 aus Potsdam Mittelmark. Wenn die Luft in der Innenstadt zu dick wird, steuert der Leitrechner den Verkehrsfluss und lässt nur eine verträglich Zahl von Autos durch. „Der Rest bleibt erst mal bei der Rampe stehen“, so Tack.
Schon im Vorfeld ist das Projekt, für das das Land mehr als zwei Millionen Euro aufwendet, kritisiert worden. „Die Bürger kommen sich unnötig gequält vor“, hieß es auf einer Veranstaltung der „Potsdamer Demokraten“ am Montag. Die Stadtverordneten Peter Schultheiß und Wolfgang Cornelius hatten sich Schützenhilfe von Diplom-Ingenieur Wilfried Naumann geholt. Dieser wies mathematisch nach, dass mit vier Messstellen und stündlicher Datenübermittlung in den Leitrechner die Belastung durch Verkehr, Lärm, Stickoxide und Feinstaub noch verschärft werde. Die Pförtnerampeln seien nur mit einem „Feintuning“ und Stickoxidmessung alle 30 Sekunden sinnvoll.
Manfred Sprecher stellte dar, dass alle Konzepte nichts nützen, wenn zum Beispiel die Bus-Fahrpläne zwischen Havelbus (HVG) und dem Verkehrsbetrieb ViP nicht abgestimmt seien. Aus diesem Grunde fahre die Linie 698 immer fast leer durch die halbe Stadt. „Das ist Verschwendung“. Bereichsleiter Bernd Kahle scheint von diesen und anderen Unvollkommenheiten zu wissen. „Wir wollen die Bus-Fahrpläne daraufhin untersuchen“, kündigte er an. Günter Schenke
Günter Schenke
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