Landeshauptstadt: „Viele könnte man heilen“
Am St.-Josefs-Krankenhaus gibt es ab Mittwoch die „Tage der Darmgesundheit“. Chefärztin Christiane Laun über die unerklärliche Angst vor der Vorsorge und dass Darmkrebs oft gut heilbar ist
Stand:
Frau Laun, warum ist der Darm etwas, worüber wir nicht gern sprechen?
Das Thema ist wohl nicht gesellschaftsfähig. Darmerkrankungen, das ist ein Tabu-Thema. Ich kann das nicht nachvollziehen, aber es ist so. In Kaffeerunden spricht man eben nicht über Darmkrebs, sondern lieber über den Garten.
Kümmern wir uns zu wenig um unseren Verdauungstrakt?
Eindeutig ja. Vor allem nehmen wir viel zu wenig die uns zustehenden Vorsorgeuntersuchungen wahr. Ab dem 55. Lebensjahr steht jedem alle zehn Jahre eine Darmspiegelung zu, bei einem unauffälligen Befund. Aber nur 13 Prozent der Männer und nur 30 Prozent der Frauen gehen zu diesen Untersuchungen. Nicht mal die Hälfte! Das ist katastrophal.
Warum ist gerade diese Vorsorgeuntersuchung so wichtig?
Weil Darmkrebs so gut heilbar ist, wenn er rechtzeitig, also im Frühstadium, entdeckt wird. Bei einer Koloskopie, also einer Darmspiegelung, kann gleichzeitig diagnostisch und therapeutisch vorgegangen werden, also kleine Polypen, die man entdeckt, können sofort entfernt werden, das ist ein großer Vorteil.
Aber die Menschen haben Angst davor.
Es gibt eben diese Mär von der schrecklichen Untersuchung. Dabei tut es nicht weh und ist in zehn Minuten erledigt. Die Darmreinigung davor ist auch nicht unangenehm, es gibt heute mildere Mittel. Und wer das alles nicht miterleben will, der kann die Untersuchung verschlafen.
Wen wollen Sie mit diesen Aktionstagen ansprechen?
Wir wollen alle erreichen. Insbesondere natürlich die ab 55 und ihnen die Angst vor den Untersuchungen und möglicherweise notwendigen Therapien nehmen, damit sie diese auch in Anspruch nehmen. Und sich selbst einen großen Gefallen tun. Denn Darmkrebs ist die zweithäufigste bösartige Krankheit in Deutschland, jedes Jahr sterben 30 000 Menschen daran. Viele von denen könnte man absolut heilen, wenn man früher mit der Behandlung begänne. Bevor man überall Metastasen hat.
Sind die Routine-Vorsorgeuntersuchungen ab 55 Jahre denn ausreichend für alle?
Wenn man sich gesund fühlt – dann ja. Bei akuten Problemen, Blutungen beispielweise – und die können eben auch im Alter von 40 oder 20 auftreten –, dann muss man natürlich sofort zum Arzt. Auch entzündliche Darmerkrankungen können in Krebs umschlagen. Deshalb sind diese Aktionstage wirklich für alle Altersgruppen interessant und wichtig.
Sagen Sie uns, was jeder für seine Darmgesundheit tun kann.
Wenig rotes Fleisch essen, dafür Ballaststoffe, rote und grüne Gemüse. Viel trinken, auf Alkohol und Zigaretten weitgehend verzichten. Extremes Übergewicht vermeiden und Sport treiben. Das hilft im Übrigen gegen viele Krankheiten.
Die Fragen stellte Steffi Pyanoe
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