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Die Potsdamer Filmhochschule HFF ist auf der Berlinale vielfach mit Filmen und Projekten vertreten
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Es war einer der Aufreger der Berlinale 2010. Der Film „Geliebt“ des Potsdamer HFF-Studenten Jan Soldat ließ das Publikum nicht mehr los. Er hatte die Beziehungen zweier junger Männer zu ihren Hunden gezeigt, bis hin zum angedeuteten Sex. Das brach Tabus, die einen gaben sich schockiert, andere fasziniert. In diesem Jahr wird der 27-jährige Potsdamer Regiestudent gleich zwei Filme auf der Berlinale zeigen. Der halbstündige Spielfilm „Crazy Dennis Tiger“ wird in der Kinder- und Jugendreihe „Generation“ am 14. Februar Premiere haben, der 9-minütige Dokumentarfilm „Zucht und Ordnung“ hat es sogar ins „Panorama“ geschafft (Premiere ebenfalls am 14. Februar).
Und sicher, auch „Zucht und Ordnung“ wird wieder für kontroverse Diskussionen auf dem Berliner Filmfestival sorgen. Manfred und Jürgen, zwei schwule Männer um die 70, sitzen nackt auf eine Couch und erzählen von ihrem Liebesleben. Da spielt dann eben auch „Zucht und Ordnung“ eine gewisse Rolle, man versohlt sich den Hintern mit Rohrstock und Fliegenklatsche, um „richtige deutsche Erziehung“ im Sexspiel nachzuempfinden. Wie schon in „Geliebt“ führt der Student im siebten Semester, der aus künstlerischen Gründen auch schon mal beim Pornofilm assistiert hat, seine Protagonisten nicht einfach vor. Vielmehr gibt er ihnen eine Plattform, auf der sie sich selbst darstellen können. Manchmal reicht es eben aus, die Menschen einfach sich selbst spielen zu lassen.
Die HFF zählt „Zucht und Ordnung“ nicht zu den eigenen auf der Berlinale, da Jan Soldat den Film selbst produziert hat. Von der HFF produziert wurde hingegen der zweite Film des Studenten „Crazy Dennis Tiger“, der zusammen mit „Rising Hope“ von Milen Vitanow als offizieller HFF-Film im Kurzfilmwettbewerb 14 Plus der Sektion „Generation“ auf der Berlinale läuft. Nicht von der HFF produziert, aber ein Diplomfilm eines HFF-Studenten, ist „Sleepless Knights“ von Stefan Butzmühlen, der den Sprung ins renommierte „Forum“ der Berlinale geschafft hat (Premiere 14. Februar).
Die Potsdamer Filmhochschule HFF findet sich allerdings nicht nur mit aktuellen Studentenfilmen auf der Berlinale wieder, sondern auch in zahlreichen Filmen die Absolventen gedreht haben, bzw. bei den ehemalige HFF-ler mitgewirkt haben. Allein der in der Sektion „German Cinema“ außer Konkurrenz gezeigte Film „Halt auf freier Strecke“ von HFF-Absolvent Andreas Dresen weist sechs ehemalige Potsdamer Filmstudenten im Filmteam auf. Auch ganz junge Absolventen wie Ann-Kristin Reyels, die bereits 2007 als Studentin ihren Film „Jagdhunde“ auf der Berlinale hatte, sind wieder mit neuen Filmen dabei („Formentera“ im „Forum“). Darüber hinaus sind auch Dozenten an zahlreichen Filmen beteiligt, so zum Beispiel HFF-Professor Martin Steyer der Mischtonmeister bei den Wettbewerbsbeiträgen „Barbara“ (Regie Christian Petzold) und „Was bleibt“ war. So kommt die Potsdamer Filmhochschule unterm Strich auf über 30 Filme mit Beteiligung von der HFF.
„Crazy Dennis Tiger“, der zweite Film von Jan Soldat, beschäftigt sich mit dem Heranwachsen. Als Jugendlicher in einer brandenburgischen Kleinstadt hat Dennis es nicht besonders leicht. Er will seinen großen Bruder rächen, den ein Wrestling-Champion verletzt hat. Auch in diesem Film lässt Jan Soldat seine Charaktere von Personen aus dem wirklichen Leben verkörpern. Ein ganz anderes Metier bedient HFF-Absolvent Milen Vitanow in seinem Animationsfilm „Rising Hope“. Nicht ohne Witz erzählt er die Geschichte eines erfolgreichen Rennpferdes, das saftige Wiesen nur vom Bildschirm im Transportanhänger kennt. Bis das Pferd von seinem Jockey im Stich gelassen wird und plötzlich auf eigenen Beinen steht. „Ein humorvoll animierter Film über die Sehnsucht nach frischem Gras“, kommentiert das Berlinale-Team.
Der HFF-Diplomfilm „Sleepless Knights“ schließlich, den HFF-Student Stefan Butzmühlen mit Salzgeber & Co produziert hat, führt die Zuschauer in die rückständige spanische Region Extremadura. Tourismus und Modernisierungen treffen hier auf eine konservative, überalterte Bevölkerung. Carlos verbringt dort einen Sommer bei seiner Familie auf dem Lande, mit dem jungen Polizisten Juan entwickelt sich eine Liebesgeschichte. „Der Film erzählt all dies beiläufig, unaufdringlich, in bisweilen überirdisch schönen Bildern“, heißt es vom Berlinale-Forum.
Da auf der Berlinale nicht nur Filme zu sehen sind, präsentiert die HFF in diesem Jahr auch zwei Medien-Projekte. Zum einen „Easy Listen“, eine neue Audiotechnologie für Hörgeschädigte. Zum anderen die „Climate Media Factory“, eine Kooperation zwischen Potsdamer Klimaforschern und HFF-Filmemachern. Studierende der Europäischen Medienwissenschaften an der Uni und Fachhochschule Potsdam stellen auf der Berlinale schließlich einen von ihnen entwickelten neuen thematischen Schwerpunkt zu „100 Jahre Babelsberg“ für filmportal.de vor. Und weil die Berlinale auch für ihre legendären Partys bekannt ist, laden die Organisatoren des Potsdamer Studentenfilmfestes „Sehsüchte“ zur Berlinale Filmschool Party in den Club „Gretchen“ in Berlin-Kreuzberg (14. Februar, 22 Uhr) ein.
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