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Eine Ausstellung erzählt die Geschichte des Einsteinturms und von seiner Bedeutung für Potsdam

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Eine Ausstellung erzählt die Geschichte des Einsteinturms und von seiner Bedeutung für Potsdam 1919 kam es zum eigentlichen Durchbruch. Im Mai war bekannt geworden, dass eine britische Expedition während einer Sonnenfinsternis die Ablenkung des Lichts durch die Masse der Sonne nachweisen konnte. Damit war Einsteins Theorie der Gravitation als Bestandteil der Speziellen Relativitätstheorie bewiesen. Einstein war plötzlich ein internationaler Star. Ein Star, der seit 1914 in Deutschland als Physiker arbeitete. Mit ihm konnte und wollte Deutschland nach der Niederlage des Ersten Weltkrieges wieder glänzen. Einsteins wissenschaftliches Ansehen sollte in nationales Ansehen umgemünzt werden. Bereits im Herbst 1919 wurden staatliche Gelder für ein Sonnenobservatorium in Potsdam bewilligt. Verwirklicht wurde das Projekt schließlich durch Spenden privater Geldgeber. Der Einsteinturm, wie das Observatorium von der Presse damals kurz und griffig getauft wurde, sollte einen weiteren, und damit unumstößlichen Beweis für die Relativitätstheorie erbringen. Mit einem Spektrographen sollte die Verschiebung des Sonnenlichts im Rotbereich nachgewiesen werden, ein Effekt der laut Theorie von der Gravitation hervorgerufen wird. Bereits Ende 1924 war der Turm, der auf dem Potsdamer Telegrafenberg nach Plänen des Architekten Erich Mendelsohn erbaut worden war, betriebsbereit. Der Einsteinturm wird im diesjährigen Einsteinjahr in einer umfassenden Ausstellung ab 19. März im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam gewürdigt. Eine wissenschaftsgeschichtliche Ausstellung, die gleichzeitig auch die Person Arbeit Einsteins in den Blick nimmt. Am Rande allerdings nur, denn die große Einstein-Ausstellung, die in diesem Themenjahr anfänglich in Potsdam gezeigt werden sollte, wird nun ab 16. Mai im Berliner Kronprinzenpalais präsentiert. Die Potsdamer Ausstellung richtet den Blick dann auch stark auf den hiesigen Wissenschaftsstandort: „Die vielfältigen Beziehungen von Einstein zu Potsdam sollen gezeigt werden“, so der Kurator der Ausstellung Prof. Hans Wilderotter von der FHTW Berlin. So etwa der Große Refraktor, die Sternwarte in Babelsberg und das Astrophysikalische Observatorium auf dem Telegrafenberg. Die Funktion des Einsteinturms als wissenschaftliches Großinstrument begründet sich auch aus dem Forschungspotenzial des Telegrafenbergs: Der Turm wäre nicht dort errichtet worden, wenn dort nicht ein halbes Jahrhundert zuvor das erste astrophysikalische Forschungsinstitut der Welt gegründet worden wäre. Auch Personen aus der Region spielen in der Ausstellung eine Rolle. So der Direktor der Berliner Sternwarte, der große Astronom Wilhelm Foerster, der Initiator des Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam war. Foersters Sohn Friedrich-Wilhelm Foerster pflegte als Pazifist engen Kontakt zu Einstein. Sein anderer Sohn Karl Foerster ging in die Geschichte mit der Züchtung von Stauden und als Schriftsteller ein. Sein Vater siedelte im Alter zu ihm nach Bornim um, die Gartenbank auf der Wilhelm Foerster mit seinen Söhnen für ein Foto posierte, ist nun in der Ausstellung zu sehen. Neben dem Astronom Friedrich Simon Archenhold und dem Potsdamer Populärwissenschaftler Bruno H. Bürgel wird auch Erwin Finlay Freundlich in der Ausstellung bedacht. Der Astronom hatte sich an der Berliner Sternwarte Ärger mit seinem Chef eingehandelt, weil er in der Dienstzeit für den mit ihm befreundeten Einstein am Nachweis der Rotverschiebung arbeitete. Von Freundlich kam schließlich die Idee, ein Sonnenobservatorium auf den Telegrafenberg zu errichten. Er sorgte auch dafür, dass der damals noch weitgehend unbekannte Erich Mendelsohn den Auftrag für den Bau bekam. Mendelsohn schuf ein spektakuläres Monument, das mit seiner Verbindung von Jugendstil und Expresionismus bis heute weltweit bekannt ist. Das wissenschaftliche Konzept von Freundlich sah vor, dass der Turm mit einem Spiegelsystem ausgerüstet wird, das Licht von Himmelskörpern einfangen und in ein senkrechtes Fernrohr leiten sollte. Das Licht wurde mit einem weiteren Spiegel in ein unterirdisches Labor geleitet, um dort in sein Spektrum zerlegt zu werden. So sollte die Voraussage der Relativitätstheorie nachgewiesen werden, wonach das Sonnenlicht im Rotbereich eine charakteristische Verschiebung aufweist. Was allerdings nie gelang. Es stellte sich heraus, dass die Spektralverschiebung im Sonnenlicht komplizierterer Natur ist, sie ließ sich mit der Ausrüstung des Einsteinturms nicht nachweisen. Die Rotverschiebung konnte erst später mit Hilfe der Radioastronimue nachgewiesen werden. Schon kurz nach der Errichtung des Einsteinturms, noch in der Erprobungsphase war wohl klar geworden, dass der Nachweis nicht gelingen kann. Der Turm wurde fortan für andere Aufgaben der Sonnenforschung ausgelegt. Wann man genau wusste, dass der Turm seiner Aufgabe nicht gerecht werden kann, steht allerdings nicht fest. „Hier ist die Überlieferung sehr unpräzise“, sagt der Kurator Wilderotter. Die Ausstellung präsentiert den Einsteinturm als Denkmal der modernen Architektur und Wissenschaft. Der Turm wird aber auch zu einem Symbol für das Ende der deutsch-jüdischen Symbiose, aus der Genies wie Albert Einstein hervorgegangen waren. Eine beschämende Karrikatur aus dem Jahre 1933 zeigt, wie Einstein von seinem Turm gefegt wird. Einstein kam nach der NS-Zeit nie wieder nach Deutschland zurück, er lehnte jegliche Ehrung aus dem Land ab. Was die DDR allerdings nicht daran hinderte, ihm zu Ehren im Jahre 1979 eine Briefmarke herauszubringen. Die Ausstellung ist von 19. März bis 26. Juni im Haus der Brandeburgisch -Preußische Geschichte / Kutschstall am Neuen Markt zu sehen.

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