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BOB-WELTMEISTERSCHAFTEN: Vier Potsdamer Anschieber in Lake Placid Potsdamer Kraftpaket ist wieder bereit

Kevin Kuske flog nach Lake Placid, wo er nun mit beiden Lange-Bobs als WM-Titelverteidiger antritt

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Bei den Bob-Weltmeisterschaften 2009 in Lake Placid werden in den kommenden zwei Wochen vier Anschieber aus dem Potsdamer Luftschiffhafen versuchen, möglichst in den Medaillenkampf einzugreifen. Kevin Kuske tritt im Zweier und Vierer des Oberhofers André Lange an. Thomas Pöge (links unten) schiebt den großen Schlitten Karl Angerers (WSV Königssee) an. Zum Team des Riesaers Thomas Florschütz gehören Andreas Barucha (links oben) und Alexander Metzger (rechts oben), der bei den Weltcups in Übersee im Lange-Vierer saß. „Ob Alex mitfährt oder Ersatzmann ist, hängt noch vom Training in den nächsten Tagen ab“, erklärte Bundestrainer Carsten Embach aus Potsdam. M. M.

Rettet ein Potsdamer nun den deutschen Bobsport? Kevin Kuske, dreifacher Olympiasieger und siebenfacher Weltmeister aus dem Potsdamer Luftschiffhafen, flog am Sonntag mit großen Hoffnungen nach Lake Placid. Dort beginnt heute das Training für die Bob-Weltmeisterschaften, die an den kommenden beiden Wochenenden im Zweier und Vierer ausgetragen werden. Kuske tritt auf der Olympia-Bahn von 1980 mit beiden Schlitten des Thüringer Piloten André Lange als Titelverteidiger an. Doch dass es erneut für zweimal WM-Gold reicht wie 2008 in Altenberg, erscheint angesichts des diesjährigen Weltcup-Verlaufs recht fraglich zu sein.

Zu Beginn des Winters mischte Lange mit beiden Bobs im Weltcup munter vorn mit. Mit seinem Stamm-Anschieber aus Potsdam wurde er zum Auftakt in Winterberg Zweier-Zweiter und Vierer-Sieger, kurz darauf in Altenberg Sieger mit dem kleinen und Zweiter mit dem großen Schlitten. Dann aber musste Kuske gesundheitlich passen – und der Ausnahme-Pilot vom BSR Rennsteig Oberhof fiel zurück. Rang drei mit seinem Vierer im November in Königssee und Platz zwei mit Martin Putze aus Bad Sulza bei den Europameisterschaften im Januar in St. Moritz waren die einzigen Podestplätze, die der erfolgsverwöhnte Suhler im restlichen Weltcup-Winter erreichte. Zuletzt in Übersee geriet er in Vancouver und Park City mit seinem Vierer immer mehr ins Hintertreffen.

Das soll nun vergessen sein, wenn „Bärchen“, wie André Lange von Team und Fans liebevoll genannt wird, sein Kraftpaket aus Potsdam wieder an seiner Seite hat. Im Zweier, in dem am kommenden Wochenende die WM-Medaillen vergeben werden, rechnet Kevin Kuske mit erneutem Edelmetall für Lange und sich. „Dafür fliege ich jetzt rüber“, sagte der 30-Jährige den PNN unmittelbar vor seiner Abreise in die USA. „Das ist mein Job, dafür werde ich mein Möglichstes tun.“ Wobei er einräumte, noch nicht wieder topfit zu sein. Kuske hatte ab Anfang Dezember mit Schmerzen im linken Oberschenkel pausieren müssen, die von einem leichten Muskelfaserriss am Sitzbeuger herrührten. Schuld daran sei „ein falscher Aufbau im vergangenen Sommer gewesen“, erzählte der Potsdamer. „Ich wollte die vorolympische Saison mal anders angehen und habe den Fehler gemacht, das Laufen zu sehr zu vernachlässigen und zu viel auf die Kraft zu setzen. Ich hatte dadurch einen immensen Kraftanschub, aber bald Probleme, die Läufe durchzustehen, weil die Muskulatur so dick und fest war. Statt umzusteuern, machte ich weiter im Glauben, der neue Weg werde schon funktionieren – bis die Verletzung kam.“

Der weltbeste Anschieber brachte sich daraufhin unter Regie seines Physiotherapeuten Matthias Pefestorff daheim im Luftschiffhafen in der Leichtathletik-Halle und in der Schwimmhalle bei Trainer Jörg Hoffmann nach und nach wieder in Form und sagt nun: „Ich bin schmerzfrei, habe zwar noch ein bisschen Druck, aber keine stechenden Schmerzen mehr hinten im Beuger.“ Daher sei er guter Dinge. „Meine Kraftwerte stimmen, meine Laufwerte noch nicht ganz. Aber ich denke, ich kann meinem Team jetzt helfen.“

Den Titel im Zweierbob zu verteidigen werde ganz schwer werden. „Aber nichts ist unmöglich. Wir werden darum kämpfen, denn wenn wir antreten, wollen wir auch das Optimale erreichen“, so Kuske. Der Zweier laufe schließlich ganz gut, „aber noch nicht optimal“, meinte er. Trotzdem glaube er fest an eine Medaille. „Zum einen hatten wir durch mein Fehlen eine Gewichtsminimierung. Ich wiege 115, die anderen Anschieber alle unter 100 Kilo. Die fehlenden 15 Kilo können schon am Start zu Problemen führen, wenn man nicht etwas zulädt. Mit mir können wir wieder ein leichteres Gerät anschieben – oder mit dem gleichen eine höhere Geschwindigkeit erreichen“, rechnete der Sportsoldat vor. „Zum anderen ist Bärchen ein sehr harmoniebedürftiger Mensch, und wenn er jetzt wieder seine Stammtruppe um sich hat, wird ihm auch einiges wieder besser gelingen, denn die Psyche spielt bei ihm eine große Rolle.“

Beide Komponenten allein dürften aber kaum reichen, um am Wochenende darauf auch im Vierer wirklich in den Medaillenkampf eingreifen zu können. Langes scheinbar nicht konkurrenzfähiger Millionen-Bob aus der Berliner Kufenschmiede FES bereitete dem Piloten so große Probleme, dass er in Vancouver zum zweiten Lauf nicht mehr antrat. „Wir haben danach kurz miteinander telefoniert und André hat mir erzählt, dass er den Schlitten dort einfach nicht mehr unter Kontrolle hatte. Der machte, was er wollte“, erklärte Kevin Kuske. Und beschrieb die Misere seines Piloten so: „Wenn du in Übersee Probleme mit deinem Material bekommst, musst du mit dem klarkommen, was du mitgenommen hast. Da kann dir niemand kurzfristig helfen, das ist anders als hier in Europa. Und auf die Hilfe anderer Teams kannst du auch kaum bauen – dazu ist der Konkurrenzkampf unterein- ander zu groß.“

Denkbar ist, dass André Lange für die Vierer-Konkurrenz kurzfristig vom FES- auf einen Singer-Bob umsteigt. Vor der WM 2008 hatte er sich nach großen Materialproblemen dazu entschlossen – und im geleasten Gefährt der Brüder Singer aus Rosenheim wurde er prompt Weltmeister. Derzeit hält sich der Oberhofer bei diesem Thema bedeckt. Und sein Stamm-Anschieber setzt auch auf die Bahn in Lake Placid. „Die ist im Gegensatz zu manch anderer Bahn in jeder Kurve kurz, da werden die fahrerischen Qualitäten noch mehr den Ausschlag geben. Ich denke, dass wir dort einige Vorteile haben können, auch mit einem relativ schlechteren Gerät“, glaubt Kevin Kuske, der hofft, sein Team könne vielleicht bei den WM wie Phönix wieder aus der Asche steigen. Das Seine will der Potsdamer dazu beitragen.

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