Landeshauptstadt: Villa Schöningen: Streit spitzt sich zu
Verein Berliner Vorstadt: „Vertrauen erschüttert“ Nachbar hebt Bau-Einspruchsrecht nicht auf
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Verein Berliner Vorstadt: „Vertrauen erschüttert“ Nachbar hebt Bau-Einspruchsrecht nicht auf Berliner Vorstadt - Der Verein „Berliner Vorstadt“ hat der Potsdamer Baubeigeordneten Elke von Kuick-Frenz (SPD) und Planungsamtschef Andreas Goetzmann in einem offenen Brief an den Oberbürgermeister vorgeworfen, „den Sachverhalt im Zusammenhang mit der ,Villa Schöningen’ nicht den Tatsachen entsprechend dargestellt“ zu haben. In dem Brief heißt es, „jegliches Vertrauen unseres Vereins in eine ehrliche und offene Zusammenarbeit mit der Verwaltung“ sei „erschüttert“. Der Verein bezieht sich insbesondere auf Aussagen der Baubeigeordneten, die sie während einer von den PNN moderierten Podiumsdiskussion machte. Von Kuick-Frenz hatte beispielsweise erklärt, die Unesco sei von der geplanten Wohnbebauung im Umfeld der zum Weltkulturerbe gehörenden Villa Schöningen unterrichtet und hätte keine Einwände. Noch während der Diskussion und später gegenüber Journalisten hatte von Kuick-Frenz diese und andere Aussagen revidiert. Die Akanthus Grundstücksgesellschaft möchte auf dem Grundstück 202, das an das Weltkulturerbe-Areal der Villa Schöningen plus Garten angrenzt, fünf „Kavaliershäuser“ zu Wohnzwecken errichten. Eigentümer der Villa ist Dieter Graalfs, der Vorstandsmitglied der Akanthus ist. Auch in den nachfolgenden Debatten um die 1844/45 nach den Plänen von Ludwig Persius erbaute Villa Schöningen an der Glienicker Brücke gibt es Aussagen der Baubeigeordneten, die von Beteiligten begründet in Zweifel gezogen werden: So hatte Kuick-Frenz am Mittwochabend im Hauptausschuss der Stadtverordnetenversammlung auf eine Frage des PDS-Fraktionsvorsitzenden Hans- Jürgen Scharfenberg geantwortet, die Stadt habe sich mit dem Eigentümer des Nebengrundstücks der Villa Schöningen in Bezug auf die vorliegende so genannte Baubeschränkung geeinigt. Der Eigentümer sei bereit, auf diese zu verzichten – im Sinne der geplanten Bebauung der Flurstücke mit den „Kavaliershäusern“. Bei der Baubeschränkung, der „Anmerkung im Grundbuch“ von 1906 (Kuick-Frenz), handle es sich zudem allein um die so genannte „Grunewald-Klausel“, welche die Errichtung von Gasthäusern, Irrenhäusern und Schornsteinen nur mit Einverständnis des Nachbarn erlaube. Dieser Nachbar, Eigentümer der Grundstücke 201 und 203, reagierte gestern überrascht auf die von der Baubeigeordneten vor dem Ausschuss gemachten Aussage, die Verwaltung habe sich mit ihm geeinigt. „Ich habe noch nie in meinem Leben mit Elke von Kuick-Frenz gesprochen, auch mit niemanden anderen aus der Bauverwaltung“, erklärte Manfred Lischewski gestern gegenüber den PNN. Er werde auf die Baubeschränkung, die für das Akanthus-Grundstück 202 zu seinem Gunsten eingetragen ist, auf keinen Fall verzichten. Sein Vorfahre, der königliche Landrat zu Potsdam Stolz, habe das Grundstück 202 im Jahr 1906 an den Konsul Wallich, den damaligen Eigentümer der Villa Schöningen, verkauft. Um ganz sicher zu gehen, dass dieses Areal Gartenland bleibe, habe er die Baubeschränkung ins Grundbuch eintragen lassen. Auch in das aktuelle Grundbuch ist am 28. Februar 1995 diese „Baubeschränkung zu Gunsten des Eigentümers des bei Blatt 369 verzeichneten Grundstücks“ vom 16. Mai 1906 übertragen worden. Inhaber des Grundstückes, das im Grundbuchblatt 369 verzeichnet ist, ist im Jahr 1906 Landrat Stolz. Heute ist es der nunmehr in Leipzig wohnende ostdeutsche Nachfahre Lischewski, der das Grundstück 1995 rückübertragen bekam. Lischewski, der Recherchen im Grundbuchamt Hegelallee und im Archiv in Bornim vornahm, fand auch die in vielen Grundstücken eingetragene „Grunewald-Klausel“: Sie stamme von 1873. Beide Eintragungen hätten überhaupt nichts miteinander zu tun. Sie miteinander zu vermengen bezeichnete er als „den alten Trick“. Gegenüber den PNN erklärte von Kuick-Frenz gestern wiederholt, bei der Baubeschränkung von 1906 handele es sich lediglich um eine Beschränkung „analog der Grunewald-Klausel, keine Schornsteine, keine Irrenhäuser“. Lischewski glaubt, dass die Stadtverwaltung zu seinem Ungunsten die Interessen seines Nachbarn Dieter Graalfs vertritt. Bereits 1998 habe die Verwaltung auf seinem Flurstück 201 über einen Bebauungsplan die Errichtung einer Spielbank und eines Museums geplant – ohne ihn auch nur darüber zu unterrichten. Er fordert nun die Einrichtung eines Untersuchungs-Ausschusses der Stadtverordnetenversammlung, um die Hintergründe der möglichen einseitigen Interessenvertretung der Stadt zugunsten von Graalfs zu überprüfen. In seinem Brief schreibt der Verein „Berliner Vorstadt“ weiter: „Als Oberbürgermeister bitten wir Sie, sich in dieser Angelegenheit einzuschalten, da es aus unserer Sicht nicht mehr erträglich ist, wenn die Bevölkerung von der Verwaltung in einer derartigen Weise fehlerhaft informiert wird und sich somit der Verdacht förmlich aufdrängt, dass von den genannten Personen möglicherweise Interessen verfolgt werden, die gegebenenfalls nicht ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit und der Stadt Potsdam liegen.“
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