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Christian Filter: Saft oder Schnaps trinken ist die beste Landschaftspflege.

© ZB

Von Antje Scherer: Vom Baum direkt in die Brennblase

Soviel Schnaps wie Brandenburg produziert kein anderes Bundesland im Osten

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Neurüdnitz - Kuscheligere Mülleimer gibt es wohl nirgends: Die Skudden und Shetland-Schafe, die bei Christian Filter auf der Wiese stehen, fressen die Apfelreste, die beim Saft- und Schnapsmachen übrig bleiben. Und liefern dafür Wolle und Salami. Der Architekt hat sich in Neurüdnitz (Märkisch-Oderland) mit einer Schnapsbrennerei selbstständig gemacht, der ersten im Oderbruch. Er verkaufte in diesem Winter seine ersten Brände.

Natürlich sei eine Existenzgründung ein Risiko, sagt Filter. „Die Zeit ist günstig für so etwas“, findet er jedoch. Die Nachfrage nach hochwertigen Produkten aus der Region nehme beständig zu. Seine Säfte, Marmeladen und Schafswurst stehen in zahlreichen Bioläden in Berlin, seinen Schnaps gibt es beispielsweise im Hotel Schloss Neuhardenberg.

Der 38-jährige Filter wurde von seinem Grundstück zu dem Berufswechsel inspiriert: Gemeinsam mit seiner Frau, die im benachbarten Dorf als Ärztin arbeitet, zog er von Berlin aufs Land. Der Versuch, als freier Architekt die Brötchen zu verdienen, erwies sich als wenig lukrativ, im Garten warteten dagegen die alten Obstbäume dringend auf Pflege: „Und da haben wir uns gesagt, warum nicht etwas aus dem Land hier machen?“ Jetzt pflegt er über 20 Hektar Streuobstwiesen und verarbeitet pro Jahr 20 bis 30 Tonnen Obst in der eigenen Mosterei. Hinzu kommen noch 15 Tonnen Früchte, die ihm Kunden auf den Hof bringen und als Saft wieder mit nach Hause nehmen. Weitere 20 Tonnen Obst pro Jahr werden in seiner Brennblase in 600 Liter Schnaps verwandelt. Die Veredelung ist ein langwieriges Geschäft: Die Früchte werden von Hand gepflückt, von Blättern und Stielen befreit, zerkleinert und mit Hefe vergoren. Diese Maische wird dann ein bis zwei Monate gelagert und schließlich in einem 300-Liter-Kupferkessel im Wasserbad erhitzt. Zwei bis drei Stunden dauert der eigentliche Brand – immer wieder muss Filter anhand von Geruch und Geschmack beurteilen, in welchem Stadium sich der Brand befindet.

Sein nächstes Projekt ist der Dorfkonsums im benachbarten Altreetz, wo künftig regionale Produkte angeboten werden sollen. Das Land hat die Existenzgründung mit einem Kredit unterstützt. Seinen Saft oder Schnaps zu trinken sei beste Landschaftspflege, findet der Unternehmer – weil durch sie die Tradition der Streuobstwiesen lebendig gehalten werde.

Geht es um Schnaps, ist der Zoll zur Stelle: 24 aktive Verschlussbrennereien existieren in Brandenburg. Diese haben 2009 rund 4200 Liter reinen Alkohol angemeldet. An Branntwein (Schnaps) produzierte Brandenburg gut 38 000 Hektoliter, davon knapp 3800 Hektoliter aus Obst. Damit liegt das Land an der Spitze der neuen Bundesländer.

Wer nicht bloß trinken, sondern das Brennen selbst ausprobieren will – in Neuzelle (Oder-Spree) soll demnächst ein Restaurant eröffnen, in dem Gäste am Tisch ihren eigenen Schnaps brennen können. Die Prozedur ist legal, weil man mit der Mini-Destille nur ein Schnapsglas voll brennen kann. Betreiber Nico Petri arbeitet derzeit bei der Neuzeller Klosterbrennerei und hält seine Idee für „einmalig in der Region“.

Mehr dazu im Internet:

www.hofmanufaktur-filter.de

Antje Scherer

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