Von Bernd Kluge: Vom Filmfan zum Kinobetreiber
Ralf Schulze hat das Beeskower Lichtspielhaus wieder mit Leben erfüllt und lädt zu Kaffee und Kuchen
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Beeskow - Wenn Kinofan Ralf Schulze ungestört einen Film sehen will, setzt er sich nachts in den Kinosessel und schaut die Streifen mutterseelenallein auf der großen Leinwand. Zwei Säle hat er dafür zur Auswahl, einen mit 128, den anderen mit 35 Plätzen. Denn dem Beeskower gehört das Kino in seiner Heimatstadt. Schulze ist nicht unbedingt ein Nachtschwärmer, auch sieht er sich Filme lieber in Gemeinschaft an. „Aber leider komme ich tagsüber nicht dazu“, bedauert der 37-Jährige.
Denn sein Lichtspielhaus „Schukurama“ ist nicht einfach nur ein Kino, sondern es besticht durch eine besondere Kombination. Der Gast tritt ein und steht inmitten einer gemütlich-modern eingerichteten Lounge mit dunklem Interieur und cremefarbenen Ledersesseln. Je nach Tageszeit gibt es heiße Kaffeespezialitäten, selbst gebackenen Kuchen, Eis aus Eigenproduktion in mehr als 200 Geschmacksrichtungen oder aber leckere Cocktails. Erst auf den zweiten Blick entdeckt man den Verkaufstresen für Kinokarten. „Wir legen Wert auf eine familiäre Atmosphäre. Die Leute sollen sich auch vor und nach dem Filmeschauen bei uns wohlfühlen und wiederkommen“, sagt Schulze.
Weiß er doch, dass es darauf ankommt, Publikum an sein Kino zu binden, damit es sich in der nur 8000 Einwohner zählenden Stadt rechnet. Vor mehr als fünf Jahren hat der gelernte Kfz-Mechaniker sein „Schukurama“ eröffnet, ohne zu wissen, ob sein Konzept aufgeht.
Denn eigentlich ist Schulze zwar Kinofan, aber berufstechnisch auf diesem Gebiet absoluter Laie. Ihn ärgerte es, dass das alte Beeskower Lichtspielhaus schon seit der Jahrtausendwende geschlossen war, weil die Besitzer kein Geld hatten, um das aus den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts stammende Gebäude nebst Technik zu modernisieren. Seit dem hatte es nach Angaben von Stadtkämmerer Steffen Schulze zwar schon mehrere Interessenten für das Kino gegeben, aber keiner konnte mit seinem Konzept überzeugen.
Bis Namensvetter Schulze kam, damals noch Berufssoldat bei der Bundeswehr. „Ich regte mich darüber auf, dass doch nicht alle zu blöd sein könnten, ein Kino zu führen. Der Kämmerer sagte, ich solle es doch besser machen“, erinnert sich der heutige „Schukurama“-Chef.
Er fühlte sich herausgefordert, suchte sich eine Medien-Consult-Firma, mit der zusammen er tatsächlich ein Konzept entwickelte, was Anklang fand. „Einziger Haken war, dass er keine Bankkredite bekam und deshalb die Kommune mit in die finanzielle Pflicht nahm“, erinnert sich Stadtkämmerer Schulze. Da habe es „keinen Verhandlungsspielraum“ gegeben, wenn Beeskow ein langfristiges Kino haben wollte, kontert der erfolgreiche Kinoretter.
Also gewährte ihm die Stadt ein zinsloses Darlehen, Fördermittel kamen auch von der Filmförderanstalt und Schulze investierte 450 000 Euro in die Umgestaltung des alten Backsteinbaus in der Beeskower Bahnhofstraße, schuf sechs feste Arbeitsplätze und hängte seinen bisherigen Job trotz Verbeamtung an den Nagel. Doch damit nicht genug: Um konkurrenzfähig zu bleiben, musste neben den zwei Kinosälen, der Lounge und der Eismaschine auch 116 000 Euro teuere 3-D-Technik her. Noch kann Schulze nicht nur Filme nach seinem Geschmack spielen, sondern vor allem Streifen, die einen großen Publikumszulauf versprechen. „Ich versuche einen Kompromiss zwischen Blockbustern und anspruchsvollem Kino. Außerdem haben wir mit dem Fernwehbilderbogen eine erfolgreiche Reihe von Diavorträgen im Kinosaal“, sagt er.
Um diese Mischung noch abwechslungsreicher zu gestalten, entsteht ab dem Frühjahr ein dritter Kinosaal mit 55 Plätzen, die nicht in Reihen, sondern in gemütlichen Sofaecken in Kombination mit Tischen angeordnet werden sollen. „Die Beeskower waren anfangs ziemlich skeptisch, gaben uns höchstens ein halbes Jahr“, erzählt der dreifache Familienvater lachend. Inzwischen scheinen sie Schulzes Kino zu mögen, wie jährliche Besucherzahlen von durchschnittlich 25.000 belegen. Das „Schukurama“ ist zudem ein beliebter Treff für Leute aus der Region. Laut Schulze kommen manche auch einfach nur zum Eisessen oder Cocktailtrinken ? ohne ins Kino zu gehen.
Mehr als 1,4 Millionen Euro hat er inklusive Fördermitteln und Darlehen bereits in die Region investiert und ist stolz darauf. Neben dem Kino gehören dazu auch ein Café in Fürstenwalde, ein Restaurant in Beeskow und die expandierende Eisproduktion, aus der bereits gut ein Dutzend Gaststätten beliefert werden. „Das Schukurama ist aus unserer Sicht eine Erfolgsgeschichte. Die Stadt hat es nicht bereut, sich so weit finanziell aus dem Fenster gelehnt zu haben“, resümiert der Beeskower Kämmerer.
Bernd Kluge
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