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Landeshauptstadt: Vom Gebiss bis zum Tretboot

Das Potsdamer Fundbüro versteigert über 100 Fundsachen, die niemand abgeholt hat

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So viele Räder stehen nicht mal in manchen Fahrradgeschäften: Rund 70 Drahtesel unterschiedlichen Zustands lagert das Fundbüro der Potsdamer Stadtverwaltung in einem Kellergewölbe des Rathauses, manche noch nagelneu, andere mit aufgeschlitztem Sattel. Ein paar haben schon den roten Zettel „Finder“ und warten auf ihre Abholung, zwei andere sind mit „Fahndung“ gekennzeichnet; sie wurden gestohlen und von der Polizei abgeliefert. „Die meisten Räder werden aber nie von den Besitzern abgeholt“, sagt Fundbüro-Mitarbeiterin Sylvia Rissmann achselzuckend.

Ein halbes Jahr lang haben Bürger, denen etwas abhanden gekommen ist, Zeit, den entsprechenden Gegenstand wieder abzuholen. Geschieht dies nicht, und der Gegenstand ist in gutem Zustand, wird er versteigert. Dreimal jährlich findet dies statt, seit Donnerstag läuft erneut eine Online-Versteigerung, die zehn Tage dauert; die nächste findet am 8. Dezember statt. Das Fundbüro versteigert seit 2006 per Internet, bei den letzten Versteigerungen gingen dabei jeweils 2000 bis 3000 Euro in die Stadtkasse. Versteigert werden auch Dinge, bei denen kein Besitzer gefunden werden kann, denn bei Gegenständen wie Handys muss das Fundbüro oft regelrechte Detektiv-Arbeit leisten, um die Eigentümer ausfindig zu machen.

Das eigentliche Fundbüro ist natürlich viel kleiner als der Rathaus-Keller, da die meisten verloren gegangen Dinge eher handlich sind: Schirme, Handys, Portmonees, Rucksäcke und Fahrräder sind die Klassiker, so Rissmann: „Das meiste wird von den Verkehrsbetrieben, der Polizei und den Bibliotheken abgeliefert.“ Abgesehen davon werden in dem Büro, wo fast täglich neue Fundstücke abgegeben werden, auch Dinge abgeliefert, welche die zwei Mitarbeiterinnen regelmäßig vor Rätsel stellen: „Wir hatten schon Kinderwagen, einen Pkw, Insulin-Besteck, Tretboote oder ein Kayak – das haben wir auch aktuell in der Versteigerung“, sagt Rissmann. Gelegentlich findet sich auch ein Gebiss oder ein Ehering: „Das sind Gegenstände, die selten vom Besitzer abgeholt werden“, so Rissmann.

Eine Schublade beherbergt einige iPhones, die zu den wertvollsten Fundsachen gehören, aber auch größere Geldbeträge finden sich in so manchem Portmonee: „Einmal hatten wir hier 500 Euro und ein junger Mann war überglücklich, als er das Geld wieder abholen konnte, weil sein Vater ihm das als Kaution für seine Wohnung gegeben hatte.“ Ein anderes Mal hatte eine Schauspielerin ihr extra angefertigtes Barock-Kleid in der Straßenbahn vergessen: Das konnte sie zwar später wieder abholen, aber für ihren Auftritt musste sich ein anderes Kostüm aus dem Fundus holen.

Im Jahr 2011 beherbergte das Fundbüro 3500 Gegenstände, 2012 sind es bislang schon 2400. „Es erhöht sich regelmäßig“, sagt Sylvia Rissmann. Aktuell werden 129 Fundsachen versteigert. Fast alle finden ihren Abnehmer, darunter auch einige Stammkunden, die sich auf Dinge wie Brillen oder Rucksäcke spezialisiert haben, wie Rissmann verrät. Was partout niemand mehr haben will, wird vernichtet. Das gilt auch für die über 50 Schlüssel – darunter einige Autoschlüssel – die in einem gesonderten Schrank hängen. Die werden natürlich nicht zur Versteigerung freigegeben, sondern direkt nach sechs Monaten vernichtet. Erik Wenk

Onlineversteigerung unter:

www.potsdam.de/fundsachen

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