
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Vom Innenminister zum Gärtner
Hans-Peter Friedrich pflanzt Bäume auf dem Klausberg und rät zum Parkeintritt
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Sanssouci/Nauener Vorstadt - Mit entschlossenem Blick stapft Hans-Peter Friedrich über die Wiese am Potsdamer Klausberg. An den Füßen trägt er blitzsaubere Arbeitsschuhe, darüber eine dunkelgrüne Latzhose und ein Flanellhemd. „Moment, der Hut“, unterbricht der CSU-Politiker das Blitzlichtgewitter der Fotografen und platziert einen ausgefransten Strohhut auf seinem Lockenkopf. „Damit Sie nicht sagen, ich hätte nicht alles geboten“, ruft Friedrich vergnügt in die Runde und greift zum Spaten.
Der deutsche Innenminister hat getauscht: Für knapp zwei Stunden hat Hans-Peter Friedrich gestern in Potsdam sein Ministeramt ruhen lassen, um auf dem Klausberg den Gärtnerberuf auszuüben. Auf Einladung der Berliner Mosaik Werkstätten für Behinderte und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten gab er seinen Nadelstreifenanzug ab, um am königlichen Weinberg Friedrich des Großen Bäume zu pflanzen, eine „deutsche Wiese“ zu mähen und Weinstöcke zu binden. Der Minister packte an und machte den Verantwortlichen von Mosaik und Schlösserstiftung sogar noch einen Finanzierungsvorschlag, um die Sanierung von Schlössern und Weinberg voranzubringen: „Es würde sich doch lohnen, hier ein bisschen Parkeintritt zu verlangen“, erklärte Friedrich – eine Forderung, die in Potsdam hoch umstritten ist.
Buddeln, einpflanzen, angießen – „hier weiß man am Abend, was man gemacht hat“, ruft Friedrich seinen neuen Kollegen Erhan Coskun und Gruppenleiter Jan Steinberg zu, als die drei einen Rheinischen Bohnapfelbaum in den Potsdamer Boden bringen. Im Nachrichtenmagazin „Focus“ hatte Friedrich den Gärtnerwunsch geäußert. Die Mosaik Werkstätten waren die einzigen, die sich meldeten. Einmal mit dem Innenminister zu arbeiten, daran hätte Erhan Coskun zuvor nie gedacht. „Er ist ein guter Helfer“, sagt der 20-Jährige. Man könne mit ihm quatschen und er arbeite gut mit, allerdings: „Wir sind besser, wir sind Gärtner und machen das jeden Tag.“
Seit 2006 sind die Mosaik Werkstätten und die Stiftung am Klausberg tätig. Gemeinsam wollen sie den Weinberg zum Leben erwecken. Rund 2,8 Millionen Euro sollen an Spenden akquiriert und verbaut werden. Ein historisches Gewächshaus soll entstehen und eine Ausstellung im ehemaligen Heizhaus. Anfänge sind gemacht: An den Mauern wachsen Pfirsiche, Birnen und Weintrauben im Spalier. Etwa 50 Apfelbäume alter Sorten wurden durch die zum Teil körperlich oder geistig behinderten Mitarbeiter auf dem 2,5 Hektar großen Areal gepflanzt.
„Wir werden gucken, dass wir die vom Minister gepflanzten Bäume immer wieder grade biegen“, sagt Jan Steinberg. Er ist vor Ort für die Arbeiter verantwortlich, also auch für den Minister. Doch bevor der endlich den Rasen mähen kann, muss er sich in Latzhose vor der Presse zur aktuellen Lage äußern. Die Arme in die Hüften gestemmt, spricht Friedrich über Gefahren des Internets, über „desintegrierte“ Jugendliche in England, über Respektlosigkeit vor der Polizei auch in Deutschland und darüber, dass es „völlig richtig“ sei, nicht an der Polizei zu sparen. Schon am Morgen hatte Friedrich in Potsdam das ehemalige KGB-Gefängnis in der Leistikowstraße besucht und einen Blick in die dunklen Haftzellen geworfen. Ein bedrückender Anblick, wie er sagte.
„O.k., Kollegen, es geht weiter“, ruft der Minister seinen Helfern zu. „An das Bäumepflanzen könnte ich mich gewöhnen.“ In Friedrichs eigenem Garten im oberfränkischen Hof bleibe indes die Arbeit liegen, sagt er. Das Rasenmähen überlasse er anderen. Seine Bäume beschneidet er noch selbst. „Ich halte mich fit, damit ich nahtlos wieder in die wichtige Funktion als Gärtner zurückkehren kann.“
Als der Minister mit einem Präsentkorb wieder in der Limousine sitzt, kümmern sich Erhan Coskun und Jan Steinberg wieder um den Weinberg. „Heute ist früher Feierabend?“, fragt Coskun. „Das ist sehr unwahrscheinlich“, sagt Steinberg. „Es gibt hier noch viel zu tun.“ Im Jahr 2019 feiert der Weinberg sein 350-jähriges Jubiläum. Bis dahin sollen 4000 Rebstöcke stehen. „Da gibt es nicht früher Feierabend“, sagt Steinberg.
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