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Landeshauptstadt: Vom Märchenkönig zum Alten Fritz

Afra Schick ist neue Kustodin der Möbelsammlung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten

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Afra Schick ist neue Kustodin der Möbelsammlung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Von Erhart Hohenstein Ein mit Ebenholz furnierter Eckschrank, der 1768 durch Heinrich Wilhelm Spindler für das Neue Palais angefertigt und durch Melchior Kambly prachtvoll mit Blumenintarsien geschmückt wurde, ist das Lieblingsstück von Afra Schick. Die 36-Jährige promovierte Kunsthistorikerin wurde durch die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg zur neuen Kustodin für die Möbelsammlung berufen. Damit verantwortet sie für die wissenschaftliche Betreuung und Erforschung von etwa 3500 historischen Möbelstücken. Die friderizianische Zeit mit Möbelkünstlern wie Nahl, den Brüdern Hoppenhaupt, Kambly und den Brüdern Spindler bildete einen Schwerpunkt der Sammlung, der zweite ist die mit Namen wie David Roentgen und David Hacker verbundene Periode des Klassizismus. Letztere bestimmt derzeit die Tätigkeit in der Holzrestaurierungswerkstatt, wird im nächsten Jahr doch der Nordflügel des Marmorpalais fertig gestellt und dann mit Möbeln ausgestattet. Gerade berät Afra Schick mit Jens Wiggert über die Restaurierung einer von Hacker stammenden, zur Erstausstattung gehörenden kleineren Kommode. Aus Kiefer angefertigt, ist sie mit Mahagoni furniert und mit feuervergoldeten Beschlägen und messingummantelten Leisten geschmückt. Bei einer Notreparatur in der Nachkriegszeit wurden sie stellenweise durch mit Goldbronze angepinselte Holzleisten ersetzt. Wiggert bringt sie nun wieder in den Originalzustand. Mit der neuen Kustodin ist er sich darin einig, dass die Teile für die Kommode von Roentgen aus Neuwied geliefert wurden, denn David Hacker erhielt erst 1795 nach zwei Bittschriften vom König die Erlaubnis, selbst entworfene Möbel für den Hof zu bauen. In der von Thomas Kühn geleiteten Holzrestaurierungswerkstatt ist die junge Frau mit offenen Armen aufgenommen worden. Nach dem altersbedingten Ausscheiden von Jutta Nicht blieb die Stelle jahrelang unbesetzt, und die Restauratoren mussten teilweise Aufgaben der Kustodin mit übernehmen. Zum anderen wissen sie, dass Afra Schick beste Voraussetzungen mitbringt. Die gebürtige Ulmerin hat an den Universitäten Trier und München Kunstgeschichte und Germanistik studiert. Praktika führten sie an das Victoria & Albert Museum in London und das Metropolitan Museum of Art in New York. 2000 promovierte sie in der bayerischen Landeshauptstadt mit einem Thema über höfische Möbel. Vor wenigen Wochen hat sie darauf aufbauend ein Buch „Möbel für den Märchenkönig“ veröffentlicht. Der mit diesem Beinamen in die Geschichte eingegangene Ludwig II. von Bayern war übrigens ein Bewunderer des Preußenkönigs Friedrich II. Wie Afra Schick recherchiert hat, galt dies auch für dessen Möbel. Ludwig ließ einige Stücke aus den Potsdam-Berliner Schlössern für Neuschwanstein und Herrenchiemsee frei nachgestalten. Für die neue Kustodin wird ein Gesamtkatalog über den Möbelbestand der Stiftung eine wichtige und aufwändige Aufgabe sein. Auch da geht sie optimistisch heran: „Die vorhandenen Dokumentationen sind sehr viel besser als gedacht, und ich kann mich auf wertvolle Vorarbeiten stützen.“ Potsdam kennt Afra Schick schon seit 2001. Damals im Preußenjahr absolvierte sie bei den Berliner Museen ein wissenschaftliches Praktikum und wohnt seitdem auch in der Hauptstadt. Nun denkt sie darüber nach, in die alte Residenzstadt an der Havel umzuziehen.

Erhart Hohenstein

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